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Isabel Knößlsdorfer, Doktorandin an der Georg-August-Universität Göttingen
Einheimische Hersteller*innen sollen durch protektionistische Maßnahmen wie Zölle geschützt werden, um im Wettbewerb mit preiswerteren Importprodukten bestehen zu können. Aus diesem Grund haben einige afrikanische Länder beschlossen, für eine Reihe von Produkten entsprechende Einfuhrbeschränkungen einzuführen. Am Beispiel von Hühnerimporten in Ghana wird in dieser Studie untersucht, ob sich die Beschränkungen insgesamt positiv oder negativ auf den Lebensstandard der Haushalte auswirken.
Dieser Beitrag erschien zuerst als Newsmeldung in der Rural21 und ist Teil einer Medienkooperation zwischen Rural21 und weltohnehunger.org.
Deskriptive Statistiken zeigen, dass im Jahr 2017 rund 43 Prozent aller Haushalte überhaupt Hühnerfleisch verzehrt haben. Mit 36 Prozent ist der Verzehr von tiefgekühltem Hühnerfleisch wesentlich verbreiteter als der von frischem Hühnerfleisch (6 %). Etwa 15 % aller Haushalte hielten Hühner. Diese dienten entweder der Produktion von Eiern oder von Fleisch. Im 12-monatigen Erhebungszeitraum wurden lediglich 4 % der Hühner verkauft. Der Anteil der Haushalte, die durch Billigimporte von Hühnern unmittelbar benachteiligt werden, ist daher eher gering.
Bei der Verteilung auf ländliche und städtische Gebiete ist die Wahrscheinlichkeit, dass ländliche Haushalte Hühner besitzen und verkaufen, größer als bei städtischen Haushalten, von denen lediglich sieben Prozent Hühner halten. Städtische Haushalte tendieren eher dazu, Hühnerfleisch auf dem Markt zu kaufen – entweder tiefgefroren oder frisch – als selbst Hühner zu halten und das Fleisch zu verzehren. Sowohl in ländlichen als auch in städtischen Gebieten ist die Wahrscheinlichkeit, dass arme Haushalte Hühner verkaufen und ihre eigenen Hühner verzehren, größer als bei nicht-armen Haushalten. Zur Ermittlung der armen Haushalte wurde die offizielle Armutsgrenze verwendet, die vom Ghana Statistical Service (2018) für die Daten des GLSS7 definiert wurde. Ein Haushalt gilt als arm, wenn seine Verbrauchsausgaben unter 1,761 ghanaischen Cedi pro Erwachsenenäquivalent und Jahr liegen.
Im ersten Szenario würden bei einer Erhöhung des Einfuhrzolls auf Geflügel von derzeit 35 Prozent auf hypothetische 50 Prozent die Preise für Hühnerfleisch um etwa 11 Prozent für importiertes bzw. um 6 Prozent für heimisches Geflügel ansteigen. Im zweiten Szenario würden die Preise für importiertes Geflügel bei einem prohibitiven Zoll so stark ansteigen, dass dieses Marktsegment völlig wegfallen und die Einfuhren auf Null sinken würden. Die Preise für heimisches Geflügel würden dann um 34 Prozent steigen. Auf den Verbrauch und die Produktion von Geflügel in Ghana würden sich diese neuen Preise wie folgt auswirken.
Auf der Verbraucherseite wären nur die Haushalte betroffen, die Geflügelprodukte auf dem Markt kaufen. Im ersten Szenario würde der Verbrauch von importiertem Geflügel um 6 Prozent zurückgehen. Gleichzeitig würde der Verbrauch von heimischem Geflügel um 3 Prozent sinken. Im zweiten Szenario hingegen sind die Veränderungen deutlich drastischer, da der Verbrauch von importiertem Geflügel um 100 Prozent und von heimischem Geflügel um 17 Prozent zurückgehen würde. Wie erwartet würde einerseits zwar der Verbrauch zurückgehen, andererseits aber das Marktangebot der Haushalte, die Hühner verkaufen, steigen. Im ersten Szenario würden die Absatzmengen von heimischem Geflügel um 3 % steigen. Im zweiten Szenario würden die Absatzmengen um 17 Prozent steigen. Die Durchschnittseinkommen dieser Haushalte würden demnach in beiden Szenarien um 22 % bzw. um 74 % steigen. Auch wenn dies große Auswirkungen hat, betrifft es nur einen kleinen Teil – etwa vier Prozent – aller Haushalte, da der Rest nicht am Geflügelverkauf beteiligt ist.
Bei höheren Einfuhrzöllen nimmt der Lebensstandard auf der Verbraucherseite erwartungsgemäß ab, während er auf der Anbieterseite zunimmt.
Der Anteil der Haushalte, die von zusätzlichen Einfuhrbeschränkungen profitieren würden – nämlich diejenigen, die Geflügel produzieren – ist viel kleiner als der Anteil der Haushalte, die als Konsumenten Verluste erleiden würden.
Folglich wären die durchschnittlichen Verbrauchsverluste viel größer als die durchschnittlichen Gewinne aus Mehrverkäufen, was bedeutet, dass sich höhere Einfuhrzölle insgesamt negativ auf den Lebensstandard auswirken würden. Insgesamt betrachtet sind die negativen Auswirkungen auf den Lebensstandard bei einem Verbotszoll viel größer als bei einem Zoll von 50 %, da bei einem Verbotszoll der Markt für importiertes Geflügel wegfallen würde. In beiden Szenarien wären die Auswirkungen jedoch insgesamt vergleichsweise gering. Dies gilt für alle Arten von Haushalten – für arme und nicht-arme Haushalte sowie für Haushalte in ländlichen und städtischen Gebieten. Jedoch gibt es Unterschiede im Hinblick auf die Höhe der Gewinne und Verluste. Dabei ist zu bedenken, dass sich der Anteil der Haushalte, die Hühner verkaufen, bei konstant höheren Marktpreisen langfristig erhöhen könnte.
Nicht-arme Haushalte würden stärker unter den Einfuhrbeschränkungen für Geflügel leiden als arme Haushalte, da nicht-arme Haushalte in allen Gruppen tendenziell mehr Geflügel auf dem Markt kaufen.
Das wiederum bedeutet, dass sie stärker vom Geflügelpreis abhängig sind als die Haushalte, die einen größeren Anteil ihres Geflügels aus eigener Produktion verzehren. Die Preise für Lebensmittel wirken sich jedoch nicht in gleichem Maße auf alle Haushalte aus: Arme Haushalte sind stärker betroffen als nicht-arme Haushalte. Daher geben wir die Auswirkungen auf den Lebensstandard auch im Verhältnis zu dem an, was die Haushalte insgesamt für Nahrungsmittel ausgeben. Die Gesamtverluste am Lebensstandard würden in beiden Szenarien und für alle Haushaltsgruppen weniger als 2,3 Prozent der Gesamtausgaben für Nahrungsmittel ausmachen. Die relativ geringen Auswirkungen sind vor allem darauf zurückzuführen, dass der durchschnittliche Haushalt in Ghana nur geringe Mengen an Geflügel konsumiert, produziert und verkauft. Um einen Vergleich anzustellen, haben wir auch untersucht, wie es um den Lebensstandard bestellt ist, wenn nur Haushalte berücksichtigt werden, die Geflügel konsumieren oder produzieren. In diesem Fall erhöhen sich zwar die Auswirkungen auf den Lebensstandard, doch die Richtung der Auswirkungen bleibt unverändert. Folglich könnten unsere Erkenntnisse, zumindest in qualitativer Hinsicht, auch dann zutreffen, wenn der Verbrauch von Geflügel in Ghana weiter ansteigt. Diese Überlegung ist auch für andere afrikanische Länder von Bedeutung, in denen der Verzehr von Hühnerfleisch eine größere Rolle spielt als derzeit in Ghana.
In Anbetracht der negativen Auswirkungen beider hypothetischer Szenarien auf den Lebensstandard können zusätzliche Einfuhrbeschränkungen für Geflügel nicht generell als politische Maßnahme angesehen werden, die den Armen zugute kommt. Einfuhrzölle scheinen kein probates Mittel zu sein, um die ghanaischen Geflügelproduzenten vor Billigimporten zu schützen, da nur ein kleiner Teil der Haushalte an der Produktion beteiligt ist. Die meisten von ihnen sind Nettoverbraucher, die dadurch benachteiligt werden würden. Gezielte Unterstützungsmaßnahmen, zum Beispiel durch Technical Assistance oder direkte Einkommenstransfers, könnten hier sinnvoller sein. Billigimporte von Hühnerfleisch scheinen sich insgesamt nicht so nachteilig auf ärmere ghanaische Haushalte auszuwirken, wie oft behauptet wird.
Ohne Zugang zu alternativen Proteinquellen können Billigimporte von Hühnerfleischprodukten sogar dazu beitragen, dass sich die Ernährungssituation einkommensschwacher Haushalte verbessert.
Darüber hinaus sind Maßnahmen zur Stärkung der lokalen Infrastruktur, Technologien und Institutionen besser geeignet, um eine zukunftsfähige Entwicklung zu fördern als Importbeschränkungen.
Zusätzlich stellt sich die Frage, ob es für die afrikanischen Länder wirklich wirtschaftlich sinnvoll ist, einen kommerziellen Masthähnchensektor zu fördern, für den es unter den derzeitigen Bedingungen sehr schwierig sein wird, internationale komparative Vorteile zu entwickeln. Andere landwirtschaftliche Teilsektoren zu fördern, die den afrikanischen Ländern stärkere komparative Vorteile bieten (darunter vor allem rohe und unverarbeitete Produkte wie Kakao und seine Derivate), wäre wahrscheinlich wirtschaftlich und sozial sinnvoller.
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