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Unter „Food4Transformation“ werden auch weiterhin Akteure und Expert*innen aus aller Welt zu Wort kommen und zu Themen rund um Ernährungssicherheit, nachhaltige Landwirtschaft und ländliche Entwicklung berichten. Den Auftakt unter neuem Namen machen vier Gesprächspartner*innen, die sich mit unterschiedlichen Perspektiven dieselben drei Frage stellen. Dirk Meyer, Abteilungsleiter im Bundesentwicklungsministerium (BMZ), ist der Meinung: es braucht weniger Einzellösungen, dafür mehr systemische Ansätze. Denn neben den Zielen für die Ernährungssicherung gilt es auch die Themen Klima und Biodiversität zu berücksichtigen. Finden Sie auch den neuen Schwerpunktfilm des BMZ.
Was bedeutet die Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme für Sie?
Die Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme bedeutet für mich einen Paradigmenwechsel – weg von einem System, das „nur“ darauf angelegt ist, Lebensmittel zu produzieren, hin zu einem System, das gemeinwohlorientiert ist und zu den globalen Nachhaltigkeitszielen beiträgt.
Es geht also um einen grundlegenden Wandel: hin zu gesunder und nährstoffhaltiger Ernährung, gerechten und inklusiven Wertschöpfungsketten, Resilienz gegenüber Schocks sowie Klima- und Umweltnachhaltigkeit.
Denn die Notwendigkeit von nachhaltig resilienten Strukturen wird in Zeiten von multiplen Krisen noch stärker als zuvor deutlich. Dabei verstehe ich die Transformation als sektorübergreifend, systemisch und über Silos hinaus. Die Aufgabe ist nicht einfach, denn es geht darum, komplexe Systeme gemeinsam mit unseren Partnerländern umzugestalten – und das sozusagen im laufenden Betrieb und mitten in einer Ernährungskrise.
Wie sehen Sie die Rolle des BMZ bei der Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme?
Im letzten Jahr stand das Thema Ernährungssicherheit hoch auf der politischen Agenda und ist einer breiten Öffentlichkeit bewusst geworden, vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs, aber auch des fortschreitenden Klimawandels. Auch deswegen ist die Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme als eines der Schwerpunktthemen tief in der DNA des BMZ verankert.
Im BMZ geht es uns darum, politische Prozesse anzustoßen. Und während der G7-Präsidentschaft konnten diese Themen angepackt werden: Zum einen durch das Bündnis für globale Ernährungssicherheit (GAFS) als Krisenreaktionsmechanismus. Zum anderen wurde gemeinsam mit den Partnern die Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme auf der internationalen Agenda vorangetrieben, zum Beispiel bei der COP27, bei der die Notwendigkeit einer nachhaltigen Transformation der globalen Systeme akzentuiert und anerkannt wurde.
Auch signifikante zusätzliche Mittel hat Deutschland bereitgestellt. Im Krisenjahr 2022 hat das BMZ 1,4 Milliarden Euro zusätzlich in globale Ernährungssicherheit investiert. Insgesamt waren es 3,5 Milliarden Euro. Damit erfüllen wir auch die Rolle des Investors, der mit seinen Partnerländern in Verhandlung tritt, um gemeinsam über Zielkonflikte – wie denen zwischen Produktivität und Umweltschutz – zu sprechen.
Unsere Rolle ist es, zu widerstandsfähigen Agrar- und Ernährungssystemen beizutragen, und damit die Menschen dauerhaft vor den Folgen der verschiedenen Krisen zu schützen.
Neben den Zielen für die Ernährungssicherung gilt es auch die Themen Klima und Biodiversität zu berücksichtigen. Das erfordert einen Wandel in der Planung von Maßnahmen und der Gestaltung von Politiken.
Wir brauchen weniger Einzellösungen, sondern systemische Ansätze, sogenannte Mehrgewinnstrategien, die Zielkonflikte klar im Blick haben.
Diese Strategien können nur gemeinsam mit unseren Partnerländern entwickelt werden. Dafür unterstützt das BMZ die bestehenden, transformativen Prozesse unserer Partnerländer.
Nachdem Deutschland den UN Food Systems Summit unterstützt hat, bringen wir uns als BMZ auch in den Folgeprozess ein und bereiten uns mit unseren Partnern auf das UN Food System Summit „Stocktaking“ in Rom im Juli vor. Dafür konsultieren wir momentan viele unsere Umsetzungspartner der Sonderinitiative „Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme“ im Rahmen eines Netzwerktreffens, um zu analysieren welche Rahmenbedingungen förderlich oder eben auch hinderlich waren, so dass wir gemeinsam noch zielgenauer umsteuern können.
Außerdem laufen in diesem Jahr zwei neue Globalvorhaben an, die zu nachhaltigen Agrarsystemen und Agrarpolitik sowie der Transformation der Ernährungssysteme arbeiten werden. In diesen Vorhaben werden gemeinsam mit unseren Partnerländern transformative Ansätze pilotiert. Auf Länderebene werden die Wirkungen der vorangegangenen Projekte durch Ansätze nationaler Politikberatung ergänzt und verstetigt, und überregional werden die Reformansätze in den Partnerländern mit den globalen Agenden verknüpft. Ich sehe das BMZ innerhalb der internationalen Gemeinschaft in einer Vorreiterrolle, für die es gilt entschlossen voranzugehen und andere Geber zu motivieren, sich ebenfalls für die Transformation stark zu machen.
Was muss sich in Zukunft tun, um die Transformation voranzubringen?
Mehr vom Gleichen ist nicht genug. Wir müssen umdenken, und das stellt hohe Anforderungen an uns. Dafür brauchen wir starke Partnerschaften, die ideologische Diskussionen beenden, die an Machtstrukturen gehen, die ihre Interessen transparent machen. Ziel sind resilientere, nachhaltige Anbausysteme, um dem Klimawandel Stand zu halten und unsere Lebensgrundlage zu schützen.
Die Agrar- und Ernährungssysteme müssen also gleich mehrere Funktionen erfüllen: Beschäftigung und Einkommen schaffen, Lebensmittel erzeugen, ländliche Räume attraktiv machen, die biologische Vielfalt bewahren, dem Klimawandel entgegenwirken und sich daran anpassen.
Damit die Agrar- und Ernährungssysteme zukünftig mehr und anderes leisten können, braucht es zusätzliche Mittel, um den Beitrag von Landwirt*innen zum Gemeinwohl zu würdigen. Diese Mittel müssen umfangreich und systematisch bereitgestellt werden. Die Transformation insgesamt braucht neue Finanzierungslösungen – beginnend mit dem Umbau der Agrarsubventionen. Die staatliche Agrarförderung ist ein zentrales Steuerungselement für die Transformation.
Eine zukunftsfähige Agrar- und Ernährungspolitik muss dafür sorgen, dass die staatliche Agrarförderung zur Erreichung der SDGs beiträgt.
Daran arbeiten wir insbesondere mit der Weltbank sehr aktiv.
Auch müssen wir anerkennen, dass die Kosten der Transformation zu hoch sind, um allein aus öffentlichen Mitteln finanziert zu werden. Um die stetig wachsenden Investitionslücken allein für Klimaschutz und Anpassung zu schließen, müssen wir den Privatsektor strategischer einbinden. Eine neue Generation innovativer Zahlungsmechanismen für Ökosystemleistungen könnte beispielsweise öffentliche und private Mittel mobilisieren und die Finanzierungsmöglichkeiten für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern erweitern. Genau zu diesem Thema arbeitet die CompensACTION Initiative, die letztes Jahr auf der UNFCCC-COP 27 vom BMZ ins Leben gerufen wurde.
In einem Satz:
Die internationale Staatengemeinschaft muss die Transformation hin zu nachhaltigen, widerstandsfähigen Agrar- und Ernährungssystemen fördern, einen guten Mix aus lokaler Produktion und importierten Nahrungsmitteln ermöglichen, Biodiversität erhalten und den Klimawandel eindämmen.
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