Babban Gonas holistischer Finanzierungsansatz
In Gesprächen mit Bäuer*innen und Unternehmensverbänden in Afrika werden häufig wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle als Schlüssel zur Transformation ländlicher Gebiete genannt. Doch was sind innovative Finanzierungsmechanismen und wie trägt Finanzierung dazu bei, Innovation zu skalieren? Kola Masha, Managing Director von Babban Gona, hat ein ganz spezielles – und erfolgreiches – Geschäftsmodell entwickelt, das von der KfW unterstützt und finanziert wird. Wir haben mit ihm bei einem virtuellen Treffen über seine Ideen und seine Geschichte gesprochen.
Bitte erklären Sie uns kurz, was Babban Gona macht.
Ich denke, uns motiviert die Lösung kritischer Probleme. Dazu zählen zum Beispiel die steigende Jugendarbeitslosigkeit, vor allem in Westafrika, und die zunehmende Gewalt, die regionale Wirtschaftssysteme destabilisiert und die aktuelle Migrationskrise anzuheizen droht. Im Herzen von Westafrika, in Nigeria, nutzt Babban Gona eine einzigartige Technologieplattform, um Landwirtschaft profitabler zu machen, Millionen neuer Jobs für die Jugend zu schaffen und dadurch Gewalt den Nährboden zu entziehen, starkes Wirtschaftswachstum zu stimulieren und das Migrationsproblem zu entschärfen.
Was bedeutet „Babban Gona“?
Babban Gona heißt auf Haussa, der Sprache Nordnigerias, „großer Bauernhof“.
Ihre Kreditrückzahlungsquote liegt bei 99 Prozent. Was macht Sie so erfolgreich und wie unterscheiden Sie sich von anderen Mikrofinanzinstitutionen?
Ich glaube, der Kern ist das Babban-Gona-Modell. Es ist sehr ganzheitlich und unterstützt Kleinbäuer*innen mit allem, was sie neben Land und Arbeitskraft für ihren Betrieb brauchen. So sind wir in der Lage, Risiken zu reduzieren und dadurch wiederum zu gewährleisten, dass unsere Kunden ihre Kredite zurückzahlen können. Außerdem setzen wir massiv auf Technologie. Die meisten denken, Babban Gona sei ein Landwirtschafts- oder Finanzunternehmen. Tatsächlich sind wir aber ein Technologieunternehmen. Unser größtes Team ist mit über 30 Personen unser Technologieteam – dazu zählen Fachkräfte für Softwareentwicklung, Produktentwicklung usw. Und wir haben wirklich viele sehr anspruchsvolle Anwendungen entwickelt, einschließlich eines KI-basierten Entscheidungshilfetools für Kleinbäuer*innen, das unseres Wissens das erste seiner Art in Afrika ist. Das hilft uns, die Risiken der Kreditvergabe an Kleinbäuer*innen optimal zu managen.
Die meisten denken, Babban Gona sei ein Landwirtschafts- oder Finanzunternehmen. Tatsächlich sind wir aber ein Technologieunternehmen.
Die Zinsen für klassische Finanzprodukte befinden sich auf einem historischen Tiefstand. Was können Sie Investor*innen auf der Suche nach alternativen Geldanlagen über Babban Gona erzählen?
Nun, ich denke, wir hatten großes Glück, dass wir so eine enorme Unterstützung von Investor*innen erfahren haben, unter anderem auch von der KfW und der Europäischen Union. So konnten wir dank unserer vielen Partner eine Finanz- und Investitionsstruktur etablieren, die ein ausgesprochen geringes Risiko für unsere Seniorinvestor*innen birgt – unter anderem, weil stets weitere Investor*innen zu uns stoßen und Juniorpositionen übernehmen. Die Geldanlage gestaltet sich vor allem dadurch sehr risikoarm, dass wir seit Jahrzehnten aktiv und die Rückzahlungsquoten kontinuierlich hoch sind, wobei die Verzinsung angesichts des Risikos sehr vorteilhaft ist. Sie liegt deutlich über dem, was in typischen Märkten erzielt werden kann.
Ist Babban Gona profitabel?
Ja. Wir haben eine positive Bruttomarge. Auch unser EBITA ist seit unserer dritten Geschäftssaison positiv. Und in den letzten fünf Jahren hatten wir mit nur einer Ausnahme durchgehend positive Jahresergebnisse.
Wie werden die Schulungen für Kleinbäuer*innen bezahlt?
Das Babban-Gona-Modell ist auch deshalb so einzigartig, weil wir es rein durch das Geschäftsvolumen finanziell nachhaltig gestalten konnten – mit typischen Kleinbäuer*innen, die wir im Hinblick auf Betriebsmittel, Finanzierung, Lagerung und Marketing von A bis Z unterstützen. Obwohl es sich um ein Modell mit relativ niedrigen Margen handelt, haben wir deshalb ausreichend Spielraum, um die Kosten einiger weiterer Aktivitäten zu decken und so zum Beispiel Fortbildungen zu finanzieren.
Das Geschäftsmodell von Babban Gona umfasst vier Bereiche: Finanzdienstleistungen, landwirtschaftliche Betriebsmittel, Aus- und Weiterbildung und Marketing. Welcher ist am wichtigsten?
Am wichtigsten sind die Kredite. Denn letztendlich verdienen Kleinbäuer*innen meist weniger als einen Dollar pro Tag. Und dann soll ein Mensch, der weniger als einen Dollar pro Tag verdient, das Kapital aufbringen, um 300, 400 oder 500 Dollar in seinen Betrieb zu investieren, was Voraussetzung für hohe Erträge ist. Ohne Finanzierung, um Bäuer*innen das Gefühl zu nehmen, sie könnten sich diese Technologie nicht leisten, wäre das Ganze also ein Fehlschlag. Deshalb sind die Kredite so wichtig, und das wussten wir. Noch bevor wir den ersten Euro verliehen haben, waren wir zwei Jahre lang mit Bäuer*innen im Gespräch, um herauszufinden, wie wir unsere Kredite effektiv und effizient vergeben können.
Ein Teil des Geschäftsmodells von Babban Gona ist der Verkauf landwirtschaftlicher Betriebsmittel. Sind Sie zentral organisiert oder arbeiten Sie mit lokalen Händler*innen?
Wir arbeiten mit Zulieferbetrieben. Aber im Prinzip verwalten wir die gesamte Beschaffung und Verteilung zentral. Wir wickeln also den Vertrieb hauptsächlich selbst ab. Tatsächlich ist es so, dass wir eine bedeutender Zulieferer sind: In den nächsten 12 Monaten werden wir rund 150.000 Tonnen landwirtschaftliche Betriebsmittel, Erzeugnisse und so weiter an rund 80.000 verschiedene Orte bewegen.
Noch bevor wir den ersten Euro verliehen haben, waren wir zwei Jahre lang mit Bäuer*innen im Gespräch, um herauszufinden, wie wir unsere Kredite effektiv und effizient vergeben können.
Betriebsmittel zugänglich zu machen, ist wichtiger Bestandteil der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit kleinbäuerlicher Landwirtschaft. Wo sehen Sie in diesem Zusammenhang Möglichkeiten für deutsche Unternehmen?
Für deutsche Unternehmen sehe ich in Nigeria enorme Möglichkeiten. Babban Gona ist heute der größte Maisproduzent in Westafrika. Und dieses Jahr könnten wir zur größten maisproduzierenden Organisation in Afrika werden. Wir bewirtschaften eine Fläche von über 48.000 Hektar. Darin liegen große Chancen, vor allem für deutsche Saatguthersteller. Einer der Vorteile des Babban-Gona-Modells ist, dass neue Technologien, mit denen wir unser Programmpaket ergänzen, auch von den meisten Kleinbäuer*innen übernommen werden, die wir finanzieren. Somit haben wir einen optimalen Kanal, um Kleinbäuer*innen zur Einführung innovativer Technologien zu bewegen.
Babban Gona deckt mehrere Elemente der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette ab. Denken Sie, dass auch deutsche Unternehmen in Nigeria ganzheitlichere Services anbieten sollten?
Babban Gona deckt mehrere Elemente der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette ab. Die aktive Bereitstellung von Krediten ist relativ komplex. Ich denke, das erfordert einen sehr spezialisierten Kreditgeber. Ich sehe aber große Chancen in der Partnerschaft mit Unternehmen wie Babban Gona im Hinblick auf die Bereitstellung hochentwickelter landwirtschaftlicher Betriebsmittel für Zehntausende Kund*innen. Wir haben das schon mit Saatgut erreicht. Wir sind heute einer der größten Anwender von verbesserter Saatguttechnologie in Nigeria und arbeiten in diesem Zusammenhang mit vielen internationalen Unternehmen zusammen. Auch bei der Mechanisierung sehen wir Chancen, ebenso wie bei technischen Geräten. Grundsätzlich interessiert uns jedes Produkt und jede Dienstleistung, die für Landbewohner*innen nützlich sein könnten – nicht nur in Bezug auf Landwirtschaft. Wir unterstützen und kooperieren mit Unternehmen bei verschiedensten Produkten, unter anderem aus den Bereichen Solarenergie und Klimaschutz sowie Logistik und Transport. Wir haben sogar ein Programm, das speziell auf die Unterstützung von Frauen abzielt. Letztes Jahr haben wir fast 20.000 Frauen dabei unterstützt, sich mit Kleinhandel in ländlichen Gebieten selbständig zu machen, und geholfen, große Mengen Verbrauchsgüter des täglichen Bedarfs zu transportieren. Gerade sind wir dabei, das Programm dieses Jahr auf 50.000 Frauen zu skalieren. Das hat für uns als Organisation also eine sehr hohe Priorität.
Kleinbäuer*innen sind durch den Klimawandel stark gefährdet. Was unternimmt Babban Gona, um klimagerechte Landwirtschaft zu fördern?
Babban Gona hat ein außergewöhnlich robustes Klimawandelprogramm, das sowohl Klimaschutz als auch Anpassung an den Klimawandel beinhaltet. Was Klimaschutz anbelangt, haben wir ein Programm zur Reduzierung von Abholzung, um die Aufnahme von CO2 zu verbessern. Parallel arbeiten wir in einem anderen Programm an der Reduzierung der Verbrennung von Ernterückständen, um den CO2-Ausstoß zu senken. Wir verwenden Mikrodosiersysteme für Dünger, um unseren CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Wir testen Modelle zur Erhöhung der organischen Kohlenstoffspeicherung von Böden. Wir gehen gezielt gegen Lebensmittelverschwendung vor, auch zur Verkleinerung des CO2-Fußabdrucks. Außerdem fangen wir gerade mit der Ausarbeitung eines Programms an, das Zehntausenden Bäuer*innen Elektrofahrzeuge näherbringt, vor allem E-Motorräder. Was die Anpassung an den Klimawandel anbelangt, ist die traurige Wahrheit, dass afrikanische Kleinbäuer*innen kurzfristig wahrscheinlich am meisten vom Klimawandel betroffen sein werden. Deshalb haben wir ein sehr robustes Anpassungsprogramm, das bei der Erhöhung der Nettoeinkommen auf das Doppelte des nationalen Durchschnitts ansetzt, um ein wirtschaftliches Polster zu schaffen. Wir haben drei innovative Versicherungsprodukte entwickelt, um Bäuer*innen vor den Auswirkungen von Klimaschocks zu schützen. Wir haben die Bodenqualität verbessert, um die Wasserspeicherkapazität nachhaltig zu erhöhen. Und wir bieten Zugang zu dürretolerantem Saatgut.
Was ist Ihre Vision, wo sehen Sie Babban Gona in zehn Jahren?
Unsere Vision für Babban Gona ist recht einfach. Wir haben die letzten zehn Jahre eine Organisation aufgebaut, die zunächst rund 100 Bäuer*innen auf gut 80 Hektar Maisanbaufläche unterstützt hat und bald mit über 48.000 Hektar der größte Maisproduzent Afrikas ist. Wir werden unsere Kernaufgaben weiter skalieren, aber wir glauben, dass wir enorme Möglichkeiten haben, um anderen Unternehmen in Märkten in Afrika dabei zu helfen, unser Modell zu kopieren und den Erfolg von Babban Gona fortzusetzen. Wir wissen, dass zwischen 2010 und 2030 in ganz Afrika rund 400 Millionen Jugendliche auf einen übersättigten Arbeitsmarkt strömen. Aber unseren Schätzungen zufolge könnten etwa 150 Millionen von Modellen wie Babban Gona profitieren. Deswegen handeln wir bereits und unterstützen Unternehmen dabei, unser Modell auch in anderen Teilen Afrikas umzusetzen.
Das war schon meine letzte Frage. Vielen Dank für dieses sehr interessante Interview. Möchten Sie noch etwas ergänzen?
Ich denke, die Rolle, die die deutsche Regierung für unser Wachstum gespielt hat, sollte hervorgehoben werden. Die KfW hat 2019 eine Kapitalbeteiligung an Babban Gona vorgenommen. Trotz der Herausforderungen durch COVID-19 sind wir als Unternehmen auf die doppelte Größe gewachsen. Auch dieses Jahr werden wir voraussichtlich um mindestens 50 Prozent wachsen. Seit der Investition der KfW 2019 haben wir uns also in weniger als zwei Jahren ganz erheblich vergrößert. Neben der Kapitalbeteiligung wurde auch ein Vertreter abgestellt, Michael Jainzik, ein äußerst erfahrener und fähiger Experte, der uns viele Einblicke verschafft und uns auf unserem Weg unterstützt hat.
Das Interview führte Robin Sohnemann, Manager bei der German Agribusiness Alliance, Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft e.V.