Über die eigene Scholle hinaus

Ein Austauschprogramm für deutsche und ugandische Junglandwirt*innen zeigt: Es gibt eine gemeinsame Erde, eine unterschiedliche Vielfalt sie zu bearbeiten – und noch mehr voneinander zu lernen.

Brigitte Basedau nahm 2019 an dem dreimonatigen Praktikantenaustauschprogramm der Schorlemer Stiftung teil
Brigitte Basedau nahm 2019 an dem dreimonatigen Praktikantenaustauschprogramm der Schorlemer Stiftung teil (c) privat

Von Andreas Hermes Akademie (AHA)

AHA und DBV

Die Andreas Hermes Akademie (AHA) steht seit 60 Jahren für übergreifende Aus- und Weiterbildung von Bäuerinnen und Bauern in Deutschland. Sie stärkt ihre Fähigkeit, Verantwortung für sich selbst, ihren Betrieb und die Gemeinschaft zu übernehmen.

Alle Beiträge

Von Jan Rübel

Jan Rübel ist Autor bei Zeitenspiegel Reportagen, Kolumnist bei Yahoo und Reporter für überregionale Zeitungen und Zeitschriften. Er studierte Islamwissenschaft und Nahostgeschichte.

Alle Beiträge

Als Brigitte Basedau ankam, weit weg von den Landmaschinen ihrer schleswig-holsteinischen Heimat, fühlte sie sich zuerst ausgebremst und dann weniger abgelenkt, auf der Farm von Joseph Male unweit Kampalas in Uganda. Aber schließlich schärfte sich ihr Blick. „Als Kind hatte ich mal Kresse gepflanzt, aber einer einzelnen Tomatenpflanze vom Säen bis zur Ernte zuzusehen wie auf der Farm in Uganda, diese Erfahrung nahm ich mit zurück nach Deutschland“, sagt die angehende Landwirtin. Drei Monate, von Oktober 2019 bis Januar 2020, praktizierte sie bei Male. „Den Fokus auf die einzelne Pflanze habe ich dort gelernt. In Deutschland war ich gewohnt gewesen, auf alles Grünende eines Ackers als Gemeinschaft zu schauen, in Strukturen zu denken“, zieht die Mittdreißigerin heute, etwas mehr als ein Jahr später, Bilanz. „In der ugandischen Landwirtschaft dagegen wird mehr gefragt: ‚Was ist möglich? Was kann ich mit den vorhandenen Mitteln erreichen?‘ Da zählt jede einzelne Pflanze.“

 

Ich bin ein Alternativtext
Brigitte Basedau und zwei weitere Beschäftigte auf einem Feld in Uganda (c) privat

Die drei Monate möchte sie nicht missen. Basedau nahm teil am Praktikantenaustauschprogramm der Schorlemer Stiftung des Deutschen Bauernverbandes e. V. (DBV), gefördert im Rahmen der Sonderinitiative „EINEWELT ohne Hunger“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Seit 2019 gastieren im wechselseitigen Austausch Junglandwirt*innen auf deutschen und ugandischen Höfen. Die Teilnehmenden lernen die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen kennen und die Möglichkeiten, sich ihnen anzupassen. Sie lernen voneinander Kniffe und Techniken. Und sie lernen einzutauchen in eine andere Kultur. Projektpartner ist die Andreas Hermes Akademie (AHA), in Uganda arbeitet man mit UNYFA zusammen, der „Young Farmers‘ Federation of Uganda“, die das Praktikantenaustauschprogramm organisiert.

 

Für Basedau, die gerade ihren Bachelor in Agrarökonomie abschließt, war es ein Intensivkursdurch die Landwirtschaft des gesamten ostafrikanischen Staates. Male betreibt nicht nur eine Farm. Seine „Avail-Group“ betreibt auch einen Hof zur Demonstration von Anbautechniken und berät andere Landwirt*innen. Mit ihm bereiste sie in den drei Monaten zahllose Höfe, begutachtete Böden und beratschlagte mit ihm Problemlösungen und Verbesserungsmöglichkeiten. „Ich lernte viel über Beschnitt und Bewässerung. In Uganda ist es oft heiß, trocken und dann stark niederschlagsreich. Typische und bisher zuverlässige Wetterperioden treten durch den Klimawandel weniger oder verschoben auf, ein Problem, das uns in Deutschland auch betrifft.“

 

Beeindruckt zeigte sie sich etwa von der tradierten Form, Fischteichwasser, zur Bewässerung und zum gleichzeitigen Düngen zu verwenden, um Kosten zu sparen, da weniger synthetischer Dünger zugekauft werden muss. „Male nutzt grundsätzlich viel selbst hergestellten organischen Dünger und probiert diesen in einem Wasserfass mit Wasserlilien aus, um die optimale Einsatzmenge zu bestimmen.“

 

Kohl und Salatanbau auf einer Farm im ostafrikanische Uganda
Kohl und Salatanbau auf der Farm von Joseph Male (c) privat

 

Basedau ist auf einem Hof in Schleswig-Holstein groß geworden, die studierte Lehramtlerin für Wirtschaftspolitik und Englisch wird ihn in diesem Sommer übernehmen. „Er ist seit dem 16. Jahrhundert in Familienbesitz. Meine Geschwister sind Ärzte geworden und wollen nicht – nun ist es an mir.“ Daher das Studium der Agrarökonomie und große Freude über das sich nähernde Abenteuer Hof: Den Ackerbaubetrieb wolle sie ökologisch umstellen. Das Praktikum in Uganda bestritt sie, um ihren Horizont zu erweitern, um sich für den eigenen Hof zu wappnen. „In Uganda habe ich viel Neues gesehen“, sagt sie. „Es ist mehr ein Garten- und Gemüseanbauland.“ Das habe sie anfangs überfordert. „Aber mich faszinierte, dass man in Uganda näher an der Pflanze dran ist, mehr mit der Hand arbeitet und sie begleitet.“

 

Brigitte Basdeau und Joseph Male
Joseph Male und Brigitte Basdeau (c) privat

Schließlich habe sie auch viel auf der zwischenmenschlichen Ebene gelernt. „Ich bin eigentlich recht ungeduldig. In Uganda lernte ich mit Dingen zu leben, die man nicht ändern kann. Und dass man an seine Ziele glauben muss.“ Zurück in Deutschland habe ihr diese Einstellung geholfen, die pandemiebedingten Maßnahmen und Einschränkungen anzunehmen. „Ich konzentriere meine Energien auf Positives.“

 

Joseph Male lächelt, als er ihre Bilanz hört. Und bestätigt: „Wir sind unterschiedliche Persönlichkeiten, teilen aber die Leidenschaft für das Land und den Anbau.“ So manche Strategie für einen Acker hätten sie gemeinsam erarbeitet. „Wir agierten sofort als Team, als hätten wir seit Jahren zusammengearbeitet. Noch heute haben wir täglich per WhatsApp Kontakt miteinander.“ Male, 35, sitzt in einem Auto, per Zoom schaltet er sich auf seinem Smartphone zu. Gerade kommt er von einem Hof mit sechs Treibhäusern für scharfe Peperoni und Tomaten. „Die Peperoni werden hierzulande kaum gegessen, sind aber ein gutes Exportgeschäft.“

 

Gemeinsam mit Basedau hatte er die Setzlinge dem Hof geliefert und checkt nun den Fortgang. „Bei den Tomaten gibt es Probleme mit Mottenschildläusen. Dann sah ich, dass ein Fenster nicht immer geschlossen war; in der Nähe ist eine Maniokplantage, welche die Tiere anlockt.“ Was, glaubt er, hat Basedau von ihrem Praktikum mitgenommen? „Dass man sich hier mehr einlassen muss, auf mehrere Faktoren, auf die Umstände der Landwirtschaft, auf eine nötige Flexibilität.“ Auch denke mancher Europäer bei Afrika nur an Schattenseiten wie Armut. „Den lustigen Lifestyle hat Brigitte auch kennengelernt!“ Und: „Sie hat gesehen, wie hart die Menschen arbeiten, auch durchaus länger.“

 

Joseph Male betreibt mit seiner „Avail Group“ einen Hof zur Demonstration von Anbautechniken (c) privat

 

Den umgekehrten Weg hat Nehemiah Buwuule eingeschlagen. Er reiste von seinem Obstanbauhof im Luweero-Distrikt ins Rheinland, zum Obsthof der Feltens in Meckenheim. „Ich wollte einmal Obstanbau unter anderen klimatischen Bedingungen kennenlernen“, sagt Buwuule, 38, am Handy. Wir telefonieren per WhatsApp, gerade sitzt er mit seiner Familie in einem Restaurant und isst ein Rindfleisch-Stew mit Reis. „Bei uns in Uganda dient Landwirtschaft oft zur Lebensgrundlage und ist weniger ein Business.“ Aber gerade Geld mit den eigenen Produkten zu verdienen, das fasziniere ihn. „Mich überraschte, dass Manfred seine Äpfel in einem kalten Raum fünf Monate lang lagern kann“, sagt er. „Das ist sehr gut. Bei uns sind die Nachernteverluste einfach zu groß.“

 

Nach seinen drei Monaten hat Buwuule Kooperationspartner gesucht, nun hat er sich mit drei Leuten zusammengetan: Ein kalter Lagerungsraum ist in Planung. „Ich habe auch realisiert, dass Anbau und Wasser getrennt voneinander gesehen werden können. Bei mir gibt es nicht genügend Wasser zur Produktivitätssteigerung. Daher plane ich den Bau eines Brunnens.“ Gerade menschlich habe er viel von den Feltens gelernt. „Wir haben uns sehr gut verstanden. Ich wurde aufgenommen wie ein Familienmitglied.“ Erste Anfangsschwierigkeiten wurden rasch überwunden. „Ich hatte meine wärmste Kleidung mitgenommen, aber das reichte für den Winter in Deutschland nicht aus. Zum Glück haben die Feltens mich sofort zum Einkaufen mitgenommen – danach ging es.“

 

Ferner habe ihn überzeugt, wie die Landwirt*innen in Deutschland versuchten, den Hof zusammenzuhalten. „Bei der Generationenübergabe gibt es in Uganda Probleme“, sagt er. „Das Land ist immer fragmentierter, und die Anbauflächen verkleinern sich wegen aufsplitternden Erbschaften.“ Er dagegen werde versuchen, Land zu kaufen, es zu halten und an seine

 

Nehemiah Buwuule bei der Baumbeschneidung auf dem Obsthof in Meckenheim
Nehemiah Buwuule bei der Baumbeschneidung auf dem Obsthof in Meckenheim (c) privat

 

Es ist neun Uhr morgens. Die Wanduhr im Büro von Manfred Felten tickt laut, während er von seinem ehemaligen Praktikanten Nehemiah spricht. „Es machte einfach Spaß, mit ihm zusammen zu arbeiten“, sagt er. „Im Grunde wurde er für drei Monate Mitglied unserer Kernfamilie. Da stellten wir uns rasch aufeinander ein.“ Zum Beispiel beim Essen: Nehemiah sei eher schweres Essen gewohnt gewesen, zeigte sich aber interessiert an dem vielen Gemüse. „Nur bei Milchprodukten blieb er skeptisch. Die sind wegen der zuweilen auftretenden Kühlkettenprobleme in Uganda weniger üblich.“

 

Viel Zeit hat Felten nicht, er muss noch Äpfel zum Markt fahren. „Nehemiah baut ja auch Erdbeeren an. Aber in Uganda gibt es andere Kältephasen zur Blütenbildung. Man lernt die Frucht auf eine andere Art kennen.“ Auch habe ihn die höhere Mechanisierung in Deutschland interessiert, „zum Beispiel die computergesteuerte Düngung und Bewässerung unserer Erdbeeren in Tunneln unter einem Foliendach“. Zwar sei vieles nicht eins zu eins umsetzbar, die Probleme seien unterschiedlich, „wir kriegen zum Beispiel zu wenig Licht in die Apfelbäume, das ist in Uganda weniger der Fall“. Aber man könnte sich vielleicht etwas in der Organisation abgucken.

 

„Man nimmt immer etwas aus anderen Ländern mit. Ich reise auch viel und schaue gern, wie Landwirtschaft woanders funktioniert. Niemals aber würde ich mir herausnehmen und anderen sagen, wie sie ihren Hof betreiben sollen!“

 
Manfred Felten Inhaber des Obsthofs (c) privat

Das viele gemeinsame Lachen und Singen, das Feiern von Weihnachten und Silvester mit ihm, vermisse er, sagt Felten. Über ugandische Lebensfreude habe er viel gelernt. Das Programm startete 2019 mit vier deutschen und fünfzehn ugandischen Landwirt*innen, dann kam Corona und unterband die Staffelübergabe an die zweite Generation. Die Zwischenzeit nutzte man mit Webinaren, in denen Inhalte und Erfahrungen ausgetauscht wurden. Ein Beispiel: Als der von der Schorlemer Stiftung eingeladene Referent Dr. Philipp Zimmermann über die Möglichkeiten von Insektenzucht als Basis für Tiernahrung sprach, inspirierte er sofort einen jungen Landwirt aus der Kapchorwa-Region des östlichen Ugandas. „Zur Fütterung seiner Hühner und Schweine nutzt er bisher Futter auf Basis von Fischmehl, welches seinen Ursprung im relativ weit entfernten Viktoriasee hat“, erzählt Zimmermann.

 

„Doch dies verteuert sich zunehmend aufgrund des zurückgehenden Fischbestands." Als Zimmermann – ein Veterinärmediziner, der den Informationsdienstleister „entosiast.de“ zum Potential von Nutzinsekten betreibt – im Herbst 2020 von Larven der Schwarzen Soldatenfliege als alternative Eiweißquelle für Tiernahrung berichtete, reagierte der Landwirt: Er ließ sich von Zimmermann vernetzen, absolvierte ein Training zur Zucht der Schwarzen Soldatenfliege an der Makerere-Universität in Kampala und baut seit Januar dieses Jahres seine eigene Fliegenzucht auf. Denn die Larven der Schwarzen Soldatenfliege sind Allesfresser Reststoffe aus der Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung und sogar Ausscheidungen von Mensch und Tier können von den Larven in hochwertiges Eiweiß umgewandelt werden. „Damit entwickelt sich“, sagt Zimmermann, „ein nachhaltiger Kreislauf“.

 

Zurück nach Meckenheim, und nach Kiel. Eine Reise zum Hof von Nehemiah hat sich Felten fest vorgenommen, „nach Corona“. Und auch Basedau fährt wieder nach Kampala. Die Banden, die das Austauschprogramm geknüpft hat, sie halten über drei Monate weit hinaus.

Zurück zur Übersicht

Ähnliche Beiträge

Starke Bäuerinnen und Bauern braucht die Welt!

Starke Bäuerinnen und Bauern braucht die Welt! Aber was bedeutet das und wie lässt es sich organisieren? Mit Unterstützung der SEWOH-Partner hat der Journalist Jan Grossarth Leitgedanken zum Thema in einem Artikel zusammengetragen.

Der organisierte agrarwirtschaftliche Lobbyismus der Industriestaaten ist die Ausnahme. Ist der politische Einfluss bestimmter Interessengruppen, die parlamentarisch gut vernetzt für Fleischexporte oder Biomassesubventionen im Hintergrund wirken, übergroß und untertransparent? Über solche Fragen wird in Europa und den Vereinigten Staaten aus guten Gründen diskutiert, auch in Brasilien oder Argentinien. Mit Blick auf die Welternährung gerät eine andere, gewissermaßen gegenläufige Frage in den Hintergrund: Wie kann „guter Lobbyismus“ für die Entwicklungsinteressen der Kleinbauern der Welt entstehen? Denn wäre es nicht im Sinne vieler, und auch für die Sicherung einer stabilen Welternährung notwendig, dass die Hunderte Millionen Bauern vor Ort, in Afrika und Asien, ihre Existenz- und Entwicklungsinteressen in den Parlamenten, Medien und internationalen Organisationen wirksamer vertreten?

Weiterlesen

Bauern in Aufruhr – ihre Bewegung bringt Einheit und Hoffnung

Seit 2014 garantiert ein Gesetz für alle Inder ausreichend gesunde Nahrung zu erschwinglichen Preisen. Nun erschüttert eine der größten Protestwellen in der Geschichte den Subkontinent. Landwirte wehren sich gegen Gesetze, die Mindestpreise abschaffen und Ernährungsprogramme in Gefahr bringen.

Weiterlesen

Ein deutscher Exportschlager

„Einer für alle, alle für einen“ – dieser Leitspruch wurde die Handlungsbasis landwirtschaftlicher Genossenschaften, die sich im 19. Jahrhundert gegründet hatten. Aus ihnen wurde eine Erfolgsgeschichte, die sich weit ins 21. Jahrhundert hinein weiterschreiben wird.

Weiterlesen

Auf Innovation und Nachhaltigkeit in der Kakaowertschöpfungskette setzen

Juliette Kouassi hat die Kakaokooperative ABOUd'CAO in Côte d’Ivoire gegründet. Ziel ist es, Produzentinnen zu fördern und "in der Kakaowertschöpfungskette nichts wegwerfen, sondern allem Wert einhauchen."

Weiterlesen

Auf Innovationen liegt die Hoffnung der Entwicklungspolitik

Auf Innovationen liegt die Hoffnung der Entwicklungspolitik. Aber was ist eigentlich eine Innovation, die Afrika wirklich weiterbringt? Mit Unterstützung der SEWOH-Partner hat sich Journalist Jan Grossarth kritisch mit der Forderung nach Innovation auseinandergesetzt.

Ist Innovation ein Heilmittel? Ein nichtssagendes Füllwort? Sogar problembehaftet? Und: Inwiefern? Im post-kolonialen kritischen Blick auf die Vergangenheit erscheint die „Innovationsgeschichte“ Afrikas jedenfalls zweischneidig. Der Historiker Clapperton Chakanetsa Mavhunga, der am amerikanischen MIT lehrt, beklagt ein Scheitern und sogar eine überwiegend zerstörerische Wirkung „westlicher“ Technik- und Wissensexporte nach Afrika. In seinen Werken über die Innovationen in Afrika erscheint das „kapitalistische Entrepreneurship“ als „Imperialismus“ in veränderter Form und dessen Natur geradezu als „parasitär“. Ein problematischer Innovationsbegriff sei vor allem aus Europa nach Afrika transferiert worden. Einer nämlich, der auf technische Aspekte und die industrielle Skalierung und kommerzielle Nutzung eng führe.

Weiterlesen

From Space to Seed: Innovation für die Welternährung

Von der Ernteprognosen aus dem Weltall bis zum resistenten Saatgut: Welche Ideen und Technologien wurden in den letzten Jahren entwickelt, um die Welternährung zu revolutionieren? Wir stellen Ihnen eine Auswahl von Innovationen vor, die bedeutsam im Kampf gegen den Hunger sein könnten.

Weiterlesen

Agrarökologie: eine globale politische Leitperspektive?

Agrarökologie ist weltweit ein beliebtes Schlagwort in der Ernährungspolitik. Dahinter steht ein Komplexes Konzept, das Journalist Jan Grossarth mit Unterstützung der SEWOH-Partner näher beleuchtet und hinterfragt hat.

Agrarökologie lässt sich nicht in einem Satz definieren. Dafür benötigt man mehrere Seiten. Vielleicht aufgrund ihrer Vielschichtigkeit ist sie als politische Leitperspektive geeignet, allen zu gefallen. Die Europäische Kommission stützt sich im Rahmen ihres Transformations-Zehnjahresplans „Green Deal“ auf das Konzept. Auch die ernährungspolitische Strategie der EU-Kommission „Farm to Fork“ nimmt Bezug darauf. Die Welternährungsorganisation FAO lässt seine höchsten Experten aus dem Beratergremium Committee on World Food Security (CFS) das Konzept auf 163 Seiten beleuchten (HLPE-Report, 2019). Allein die Kurzfassung benötigt elf Stichpunkte für eine Definition. Agrarökologie, steht darin, meint eine Präferenz für „natürliche Prozesse, sie begrenzt die Nutzung externer Inputs, unterstützt geschlossene Kreisläufe mit minimalen negativen externen Effekten, betont die Bedeutung lokalen Wissens und partizipativer Prozesse” und soll auch soziale Ungleichheit verringern und den Wissenschaften zur Geltung verhelfen.

Weiterlesen

Frau Neubert, was ist ein Trilemma? Und was lässt sich dagegen tun?

Um das Trilemma der Landnutzung zu entschärfen, müssen die Klimakrise, die Vernichtung von Biodiversität und die Ernährungskrise gleichzeitig adressiert werden. Susanne Neubert, erklärt im Interview wie derlei Strategien aussehen könnten.

Weiterlesen

Agrarökologie auf UN-Ebene: Die Initiative „Scaling up Agroecology“ der FAO

Zunehmende wissenschaftliche Evidenz und lokale Erfahrungen zeigen, dass die Agrarökologie das Potenzial besitzt, eine ganzheitliche Lösung für die zahlreichen wechselseitigen Herausforderungen zu liefern, die Ernährungssysteme derzeit beschäftigen.

Weiterlesen

Der Garten der Agrarökologie: Beispiele aus der Praxis

Die Herausforderungen des Bevölkerungswachstums, die abnehmende biologische Vielfalt sowie der Klimawandel erfordern ein Umdenken in unseren Ernährungssystemen und Lösungsansätze im Sinne eines agrarökologischen Wandels.

Weiterlesen

Warum die Transformation unserer Ernährungssysteme unerlässlich ist

Derzeitige Krisen verdeutlichen die Notwendigkeit der Transformation von Ernährungssystemen. Dr. Sinclair, Leiter des Welternährungssicherungs- ausschusses, stellt 13 agrarökologische Prinzipien vor, die den Wandel ermöglichen sollen.

Weiterlesen

Siegel, Zölle und Lieferkettengesetz: Nützen oder schaden sie den Kleinbauern?

In der Diskussion um nachhaltige Lieferketten setzen europäische Staaten auf Siegel, Zölle und staatliche Regulierungen. Mit Unterstützung der SEWOH-Partner stellt Jan Grossarth diese Maßnahmen infrage.

Nachdem im April 2013 in Bangladesch das achtgeschossige Fabrikgebäude Rana Plaza einstürzte, über tausend Textilarbeiterinnen und Arbeiter unter den Trümmern starben, dominierte das Thema der Menschenrechte in Nähereien einige Tage die globalen Nachrichten. Vom Schock blieb Scham. Denn war nicht jeder irgendwie mit verantwortlich, der billige T-Shirts und Jeans kauft? Dann folgte die politische Debatte: Geschah die Katastrophe nicht in dem Bereich, in dem der Staat, also Bangladesch, die Einhaltung der Gesetze verantworten müsste? Oder können wir, andererseits, nicht auch mitbestimmen, nach welchen Regeln bei uns konsumierte Produkte produziert werden? Und zwar nicht nur durch unseren Konsum, sondern auch durch unseren Staat und unsere Unternehmen?

Weiterlesen

Meet the people: Joseph Ngaah

Joseph Ngaah ist Vorsitzender der Kakamega County Farmers Association in Kenia. Durch sein Engagement auf nationaler und lokaler Ebene, verschafft er den Bäuerinnen und Bauern Gehör - sowohl in den Medien als auch bei politschen Entscheidungsträger:innen. In der SEWOH kooperiert er mit der Andreas-Hermes-Akademie, den Grünen Innovationszentren und dem TMG - Sustainable Think Tank.

Weiterlesen

Der lange Weg vom Treibhaus in die Praxis

Innovative Ideen wie Apps sind beliebte Vorzeigeprojekte. Doch für die erfolgreiche Umsetzung einer Innovation müssen wir unseren Fokus über die Grenzen des jeweiligen Projekts hinaus weiten. Wie der Weg vom Treibhaus in die Praxis gelingt, erklärt Lennart Woltering im Interview.

Weiterlesen

Drohnen für inklusives Wachstum in der Landwirtschaft

Das BASF-Projekt "Drohnen für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern" zielt darauf ab, ein integratives Geschäftsmodell aufzubauen, das Kleinbäuerinnen und Kleinbauern den Zugang zu Drohnen für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erleichtert. Ein Bericht von Dr. Diana Moran.

Weiterlesen

Entwaldung und Naturzerstörung: Es braucht einen strikten EU-Gesetzesrahmen

Im Beitrag erklärt Christine Scholl, Senior Referentin beim WWF Deutschland, warum ein umfassendes EU-Gesetz zum Stopp der Entwaldung und Umwandlung wertvoller Ökosysteme zwingend erforderlich ist und was eine solche Gesetzgebung berücksichtigen muss.

Weiterlesen

Welthunger-Index: Der Schlüssel liegt im politischen Handeln

Der Welthunger-Index 2020 lässt befürchten, dass das Ziel „Kein Hunger bis 2030“ verfehlt wird. Miriam Wiemers, Referentin für den Welthunger-Index, beschreibt die wesentlichen Herausforderungen und wie der Weg zu Zero Hunger beschritten werden kann.

Weiterlesen

Land der Konflikte

Für die meisten Menschen in Uganda ist Landbesitz überlebenswichtig. In Zentraluganda ist eine alte Bodenordnung für Grundeigentümer*innen und Pächter*innen zum Zündstoff eines Konflikts geworden, der seit Jahrzehnten schwelt. Ein innovativer Ansatz für Konfliktbewältigung soll dies ändern.

Weiterlesen

Masterplan für eine sichere Ernährung

Um bis 2030 den Hunger weltweit zu beenden, braucht es eine effektive Steuerung. Dieser Masterplan basiert auf den Erfahrungen des Globalvorhaben Ernährungssicherung und Resilienzstärkung der GIZ. Dieses setzt in zehn Ländern weltweit Maßnahmen zur Stärkung der Nutrition Governance um.

Weiterlesen

Wie wir das Recht auf Nahrung verwirklichen können

Stefan Schmitz leitet den Crop Trust und war bis 2019 SEWOH Beauftragter im BMZ. Wir haben ihn gefragt, welche Aspekte der SEWOH wegweisend sein könnten, um globale Ziele wie die Erreichung von SDG 2 auf nationaler und globaler Ebene voranzutreiben.

Weiterlesen

Lieferketten: „Die Grundidee der EU ist es, zu unterstützen, statt zu strafen“

Neben der Bundesregierung treiben auch EU-Institutionen die Einführung eines Lieferkettengesetzes voran. Was wären die Auswirkungen? Fragen an Bettina Rudloff von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Weiterlesen

Bei Dir beginnt das Wir: 3 Thesen zur Endverbraucherkommunikation

Die Generation Z (1995-2010) zwingt die Hersteller von Konsumgütern zum Umdenken. Dieser so genannte „Greta-Effekt“, der ohne die sozialen Medien nicht möglich wäre, zwingt nicht nur Unternehmen sich zu bewegen; sondern bietet auch viel Potenzial für die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit.

Weiterlesen

Weg vom Gießkannenprinzip, hin zur Wirksamkeit

Um die Weltbevölkerung auch 2050 ernähren zu können, ist laut Jan Grossarth "die hohe Kunst der Governance" gefragt. Was diese Kunst beinhaltet und auf welche Herausforderungen sie stößt, hat er mit Unterstützung der SEWOH-Partner beleuchtet

Überall ein bisschen Fortschritt, in vielen Tausend lokalen Projekten – aber was ist, wenn das angesichts der globalen Herausforderung nicht genügen wird? Afrikas Bevölkerung verdoppelt sich laut den UN-Prognosen bis 2050 auf mehr als zwei Milliarden Menschen. Dabei importiert der Kontinent schon heute mehr Lebensmittel, als er exportiert, versorgt sich also nicht selbst mit Nahrung. Klimaprognosen sagen für einige afrikanische (und asiatische) Regionen vorher, dass die Durchschnittstemperaturen dort um 3 Grad oder mehr steigen werden. Die Wüsten breiten sich aus. Diese Aussicht legt nahe, dass eine Entwicklungszusammenarbeit, die Ressourcen nach dem Gießkannenprinzip verteilt, nicht wirksam genug ist. 

Weiterlesen

Wie das Grüne Innovationszentrum Frauen im Flachland von San in Mali unterstützt

Ausreichende und ausgewogene Ernährung, höhere Einkommen und mehr Beschäftigung im ländlichen Raum – das sind die Ziele der 15 Grünen Innovationszentren, die in Afrika und Asien entstanden sind. Doch wie sieht die konkrete Umsetzung in Bamko, Mali aus?

Weiterlesen

Babban Gonas holistischer Finanzierungsansatz

Was sind innovative Finanzierungsmechanismen und wie trägt Finanzierung dazu bei, Innovation zu skalieren? Kola Masha, Managing Director von Babban Gona, beschreibt im Interview sein spezielles – und erfolgreiches – Geschäftsmodell, das er in Nigeria mit finanzieller Hilfe und Unterstützung der deutschen KfW aufgebaut hat.

Weiterlesen

Auch Innovationen brauchen ihre Zeit

Manch gute Ideen werden nicht Wirklichkeit. Ihr helfen Geduld, langfristiges Denken und der Mut, aus Fehlern zu lernen. Basierend auf einem Gespräch mit Software-Entwickler Simon Riedel hat Journalist Jan Rübel sich mit den Herausforderungen von Innovationen im entwicklungspolitischen Kontext auseinandergesetzt.  

Weiterlesen

Gentechnik, Dünger und Agrarchemikalien - gegensätzliche Perspektiven

Ist die neue Gentechnik eine Innovation für die Welternährung? Wie steht es um Dünger und Agrarchemie? Für den Ökolandwirt Felix Prinz zu Löwenstein sind alle drei Teil des Problems. Matthias Berninger vom Bayer-Konzern hält dagegen. Für ihn ist die Ablehnung der neuen Techniken die eigentlich riskante Ideologie.

Weiterlesen

Der Klimawandel betrifft uns alle, nur nicht im gleichen Ausmaß

Claudia Ringler, Deputy Division Director der Abteilung Environment and Production Technology (EPTD) am IFPRI, beschreibt die Folgen des Klimawandels auf die Bevölkerungen armer Länder. Was kann getan werden, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ernährungs- und Nahrungsmittelsicherheit zu reduzieren?

Weiterlesen

Klima Krisen

Bevölkerungswachstum, fehlende Rechtsstaatlichkeit und schwindende Ressourcen, beschleunigt durch den Klimawandel, führen zu Konflikten, die in der gesamten Sahelzone jährlich Tausende von Toten fordert. "Viele werden ihre Heimat verlassen oder durch Hunger, Krankheiten und Kriege zugrunde gehen. Nur eine zügige sozioökonomische Entwicklung durch massive Investitionen [...] könnte dieses Desaster verhindern."

Weiterlesen

Warum braucht erfolgreiche Transformation eine starke Governance?

Die Sonderinitiative Eine Welt ohne Hunger (SEWOH) ist der Versuch einer Gebernation, die Erreichung von Nachhaltigkeitsziel 2 (SDG 2) entscheidend voranzubringen. Beobachtungen und Schlussfolgerungen aus dem begleitenden Diskurs zur SEWOH.

António Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen (VN), hat im Sommer 2019 wegen der steigenden Zahl von hungernden Menschen Alarm geschlagen. Ein „World Food Systems Summit“ (UNFSS) im Herbst 2021 soll dem Thema Hungerbekämpfung und Nachhaltigkeit die notwendige öffentliche Aufmerksamkeit verschaffen und neue Impulse für einen Wandel des gesamten Ernährungssystems setzen. Bereits 2014 hat Gerd Müller als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit der SEWOH einen bemerkenswerten Versuch unternommen. Die Idee: Mit einem sektoral ausgerichteten, von zunächst einer Gebernation getriebenen Ansatz das Nachhaltigkeitsziel 2 (SDG 2) entscheidend voranbringen. Dazu ist Deutschland mit einem Investment von rund 1,5 Milliarden Euro zum weltweit zweitgrößten Geber in den Bereichen Ernährungssicherung, ländliche Entwicklung und Landwirtschaft aufgestiegen. Die Initiative hat neue Wege erkundet, aber auch ihre Grenzen aufgezeigt bekommen. Und – entscheidend verschärft durch die Covid-19-Pandemie – sehr deutlich die Verletzbarkeit der globalen Ernährungssicherheit aufgezeigt. 

Weiterlesen