Berlin Land Week 2025: Vom Ende zum Aufbruch
Ein Artikel von Oliver Puginier
Während die Debatten über Land und Entwicklung an Bedeutung gewinnen, rückte die Land Week der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Oktober 2025 die Frage in den Mittelpunkt, wie sektorübergreifende Land Governance funktionieren kann. Die Diskussionen zeigten auf, wo Fortschritte sichtbar werden und wo Lücken bestehen. Zudem wurde im Rahmen des Partners for Change (P4C) Netzwerks eine Erklärung zur Zukunft der Land Governance verabschiedet.
Nach zehn Jahren der Umsetzung knüpfte die Konferenz „10 Jahre Globalvorhaben Verantwortungsvolle Landpolitik – Vom Abschluss zur Kontinuität“ an die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem GIZ Globalvorhaben Verantwortungsvolle Landpolitik (GPPRLP) in den Zielländern an. Die Veranstaltung brachte vom 13. bis 16. Oktober 2025 in der deutschen Hauptstadt Berlin 135 globale Expertinnen und Experten, Praktiker, verschiedene nationale Partner und Expert*innen zusammen, um Erfahrungen auszutauschen und länderübergreifende Zusammenarbeit zu fördern. Die Abschlusskonferenz in Berlin war nicht nur ein Moment des Rückblicks, sondern auch ein Raum für Lernen, Reflexion und zukunftsorientiertes Denken. Über drei Tage hinweg erkundeten die Teilnehmenden, wie sich die Erkenntnisse des vergangenen Jahrzehnts in die Zukunft tragen lassen. Die Botschaft war eindeutig: Verantwortungsvolle Landpolitik ist eine globale Gemeinschaftsaufgabe. Wirklicher Fortschritt entsteht, wenn Partner bewährte Ansätze teilen, sich auf veränderte Realitäten einstellen und kontinuierlich voneinander lernen.
Der Titel der Konferenz unterstreicht die Bedeutung von Wissenskontinuität – also der Weitergabe von Erkenntnissen, Informationen und Erfahrungen im Bereich Land Governance über Projekte und Ländergrenzen hinweg. Auch Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Globalvorhaben Strengthening Advisory Capacities for Land Governance in Africa (SLGA) flossen ein. Die Veranstaltung war zudem mit dem LandHub verknüpft, einer von der GIZ getragenen Community of Practice, die regelmäßig Expert*innen zusammenbringt, um Erfahrungen auszutauschen und strategische Chancen und Herausforderungen für die Weiterentwicklung landpolitischer Initiativen zu diskutieren. Eine der Leitfragen der Konferenz formulierte Prof. Moses Musinguzi von der Makerere University in Uganda:
“Land Governance ist Afrikas größte Herausforderung – jede andere Lösung berührt sie. Die Frage ist: Wie stellen wir sicher, dass Land Governance in allen Sektoren verankert wird?”
Ein zentrales Thema war die Rolle der jungen Generation in Afrika. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 25 Jahre, während das Durchschnittsalter von Landwirt*innen über 55 liegt – ein deutlicher Generationenspalt. „Die zukünftigen Ernährungssysteme Afrikas hängen davon ab, ob wir seine Jugend stärken“, sagte John World Bonoua von der Youth Initiative for Land in Africa (YILAA). Gesicherte Landrechte und fairer Zugang sind entscheidend, um Investitionen, Innovationen und klimaresilientes Unternehmertum freizusetzen. Soll Afrika seine wachsende Bevölkerung ernähren und nachhaltige ländliche Wirtschaftsräume schaffen, muss die Jugend ins Zentrum landpolitischer Entscheidungen rücken. Eine Aussage bringt das klar auf den Punkt:
"Junge Menschen haben Ideen, aber es fehlt ihnen an Vertrauen und an Mitteln, um sie umzusetzen. Afrikas Zukunft wird mit seiner Jugend gebaut oder sie wird eben nicht gebaut.", so John World Bonoua (YILAA).
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf globalen Initiativen, die Frauen in ihrer Landrechtssicherheit und ihrer wirtschaftlichen Entwicklung stärken sollen. Besonders eindringlich formulierte Faith Alubbe von der Kenya Land Alliance den damit verbundenen Gerechtigkeitsanspruch:
"Eine Bevölkerungsgruppe in der Politikgestaltung auszuklammern ist nicht nur ein Versehen, es ist eine Frage der Gerechtigkeit. Jede Politik sollte als Debatte über Gerechtigkeit beginnen."
Die institutionellen Zusagen umfassten auch jene des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die in einer Podiumsdiskussion mit zentralen Partnern erläutert wurden. Drei Aussagen von Paul Garaycochea, Unterabteilungsleiter im BMZ, verdeutlichen diese Verpflichtungen besonders:
„Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bleibt nicht auf einer abstrakten Ebene, sondern sucht den Dialog mit allen Seiten. Wir haben nicht alle Lösungen — sie müssen aus der Praxis kommen. Junge Menschen sind ein wesentlicher Teil dieses Ansatzes.“
„Deutsche Entwicklungszusammenarbeit bedeutet keine abstrakten Ideen, sondern echten Dialog mit allen Stimmen. Lösungen müssen von der Basis entstehen — und die Jugend muss im Zentrum dieses Prozesses stehen.“
„Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist ein Partner, der die Lösungen nicht kennt, aber jene stärkt, die sie haben.“
Um das langfristige Engagement von Partnerinstitutionen für zukünftige Maßnahmen zu sichern, wurde vor der Konferenz eine Abschlusserklärung von einem interdisziplinären Redaktionsteam entworfen und während der Veranstaltung mit Beiträgen der Teilnehmenden weiterentwickelt. Die Erklärung soll maßgebliche kontinentale und globale Plattformen informieren, die Landpolitik und Land Governance gestalten. Besonders ist an diesem Dokument der Prozess seiner Entstehung: Es wurde in einem partizipativen Verfahren gemeinsam erarbeitet – mit Vertreter*innen aus Regierungen, Zivilgesellschaft, Privatsektor, Wissenschaft und Umsetzungsorganisationen im Landsektor. Während der Konferenz wurde die Erklärung von nationalen Partnern befürwortet und dient nun als Wegweiser für künftige Initiativen zur Sicherung von Landrechten. Sie trägt den Titel Shaping the Future of Land Governance: A Global Call to Action for Food Security and Fair Life for All und wurde gegen Ende der Global Land Week 2025 zur Abstimmung gestellt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Konferenz gemeinsam mit einer Vielzahl nationaler Partner – darunter Regierungsstellen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Forschungsinstitute, multilaterale Organisationen, Think Tanks und Hochschulen – Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Programmarbeit in den Zielländern reflektierte. Sie schuf einen Raum für den Austausch von Wissen, regte strategische Überlegungen an und bot einen Ausblick auf zukünftige Maßnahmen sowie das weitere Engagement der Partner im Bereich der Landrechtssicherung, um die bisher erreichten Fortschritte nachhaltig zu sichern. Die Abschlusserklärung bildet dabei eine solide Grundlage für ein gemeinsames, fortgesetztes Engagement in der Land Governance, getragen vom Gedanken der Wissenskontinuität.
Hintergrund des GPRLP:
Seit 2015 verbessert das Globalvorhaben Verantwortungsvolle Landpolitik (GPRLP), beauftragt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und kofinanziert von der Europäischen Union, den Landzugang für mehr als 650.000 Haushalte in elf Ländern: Burkina Faso, Benin, Côte d’Ivoire, Kamerun, Äthiopien, Laos, Madagaskar, Niger, Paraguay, Peru und Uganda. Inzwischen stehen 64 Prozent der gesicherten Landrechte auf den Namen von Frauen oder sind gemeinsam registriert, und über 11.000 Landkonflikte wurden unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure gelöst. Darüber hinaus wurden die Rahmenbedingungen für verantwortungsvolle private Investitionen in Land durch die Zusammenarbeit mit allen relevanten Akteuren verbessert. Inzwischen richten sich mehr als 300 private Investor*innen nach internationalen Leitlinien für verantwortungsvolle Investitionen. Die Initiative ist Teil des Partners for Change (P4C) Netzwerks des BMZ, das seit 2023 globale Agenden mit lokalen Transformationsprozessen verbindet, um eine Debatte über gesellschaftlichen Wandel zu fördern.