Land wieder auf die Agenda bringen
In einem neuen Positionspapier erläutert Anna Schreiber von Welthungerhilfe, warum Landreformen und deren Umsetzung entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung in Afrika und darüber hinaus sind.
Klimawandel, Ernährungsunsicherheit, Biodiversitätsverlust und Konflikte verdienen zu Recht globale Aufmerksamkeit. Doch die Reform der Landpolitik, ein zentraler Baustein zur Bewältigung dieser Krisen, steht weiterhin im Abseits. Schwache Regierungsführung im Landsektor kann Konflikte anheizen, Klimaschutzmaßnahmen untergraben und die landwirtschaftliche Produktivität einschränken. Für Milliarden von Menschen in Afrika und dem Globalen Süden ist Land mehr als eine Ressource: Es ist Lebensunterhalt, kulturelle Identität und wirtschaftliche Sicherheit. Ohne gerechte und gesicherte Landrechte werden viele der Nachhaltigkeitsziele – vom Ende des Hungers bis zur Bekämpfung des Klimawandels – unerreichbar bleiben. Trotzdem wird Landgovernance weiterhin als Nischenthema behandelt: unterfinanziert, isoliert und aufgegeben, bevor Reformen den Schritt von der Theorie in die Praxis schaffen.
Vom 10.–13. November fand in Addis Abeba die sechste Konferenz zur Landpolitik in Afrika (CLPA) statt, ausgerichtet von der Kommission der Afrikanischen Union, der Afrikanischen Entwicklungsbank und der UN-Wirtschaftskommission für Afrika. Unter dem Motto „Land Governance, Justice and Reparations for Africans and Descendants of the African Diaspora“ stellt sie Land in den Mittelpunkt von Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und einer nachhaltigen Zukunft und fordert die internationale Gemeinschaft dazu auf, ihre Rolle zu überdenken.
Reformen der Landpolitik haben in den vergangenen zehn Jahren wichtige Fortschritte ermöglicht – von einer stärkeren rechtlichen Anerkennung der Landrechte von Gemeinden und Frauen bis hin zu klareren Schutzmechanismen für verantwortungsvolle Investitionen. Doch Erfahrungen aus der Land for Life-Initiative zeigen: Gesetzesreformen sind nur der erste Schritt. Schwache Umsetzung, begrenzte Ressourcen, geringe öffentliche Bekanntheit sowie eine unzureichende Einbindung lokaler Akteure beeinträchtigen weiterhin eine nachhaltige Wirkung. Landpolitik bleibt unterfinanziert und arbeitet häufig in Silos, oft losgelöst von Klima-, Biodiversitäts- und Ernährungssystem-Agenden, obwohl sie für deren Erfolg entscheidend ist. Auch die Koordination zwischen internationalen Akteuren bleibt fragmentiert, und das Potenzial des Privatsektors als konstruktiver Partner wird kaum genutzt. Die zentrale Erkenntnis lautet daher: Nur langfristige, koordinierte, lokal geführte und sektorübergreifende Ansätze können sicherstellen, dass Landreformen von der Theorie in die Praxis gelangen und Landrechte wirklich geschützt werden.
Es ist an der Zeit, Landgovernance als Grundpfeiler nachhaltiger Entwicklung zu behandeln. Der Übergang von fragmentierten, vorschreibenden Interventionen hin zu katalytischer Unterstützung kann lokale Institutionen und Gemeinschaften befähigen, die Umsetzung von Politik in Ernährungssicherheit, Frieden und eine gerechte Transformation selbst voranzutreiben.
Unser Aufruf zum Handeln
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen Regierungen, regionale Institutionen, Geber und der Privatsektor Landgovernance klar priorisieren, ihre Unterstützung besser koordinieren und Entscheidungsbefugnisse an lokale Akteure übertragen. Daher empfiehlt das Positionspapier:
- In Landreformen als langfristigen, ganzheitlichen Prozess investieren
- Landgovernance in andere internationale und nationale Prozesse integrieren
- Koordination stärken und lokale Akteure in die Führungsrolle bringen
- Multi-Stakeholder-Partnerschaften unterstützen und ausweiten
- Sorgfaltspflichten im Bereich Menschenrechte voranbringen und konstruktives Engagement des Privatsektors fördern
Das vollständige Positionspapier finden Sie hier.