Sicheres Land, Sichere Nahrung
Ein Artikel von Walelign Kifle
Sichere und gerechte Landrechte sind die Grundlage für Afrikas landwirtschaftliche Transformation. Wenn Bäuer*innen, Frauen und junge Menschen auf definierte Landrechte vertrauen können, investieren sie, entwickeln Innovationen und schaffen widerstandsfähige Ernährungssysteme. In einem abschließenden Workshop kamen Expert*innen vom gesamten Kontinent zusammen, um Ergebnisse vorzustellen, Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Zukunftsperspektiven zu entwickeln. In den vergangenen zehn Jahren haben das SLGA-Programm und sein Netzwerk NELGA gezeigt, dass sichere Landrechte sichere Ernährung bedeuten – und dass nachhaltiges Wachstum mit fairem und transparentem Zugang zu Land beginnt.
Vom 5. bis 6. August 2025 kamen in Addis Abeba mehr als 130 Expert*innen aus über 70 Institutionen und 40 afrikanischen Ländern zum Abschlussworkshop des SLGA-Programms zusammen: A Decade to Celebrate: Advancing Land Governance for Africa’s Future. Die Veranstaltung würdigte zehn Jahre Arbeit des Programms Strengthening Advisory Capacities for Land Governance in Africa (SLGA) und seines kontinentalen Netzwerks, des Network of Excellence on Land Governance in Africa (NELGA), zur Förderung guter Landgovernance, Ernährungssicherheit und nachhaltiger Entwicklung. Der Workshop war nicht nur ein Moment des Rückblicks und Feierns, sondern auch ein Aufruf zum Handeln: Die Konsolidierung von Landverhältnissen ist entscheidend für resiliente Agrarsysteme und nachhaltiges Wachstum.
Landgovernance: Im Zentrum der agrarischen Transformation
Land ist mehr als nur eine Ressource – es ist die Grundlage für ein würdevolles Leben, Ernährungssysteme und rurale Ökonomien. Klare und gesicherte Landrechte ermöglichen es Bäuer*innen, Pastoralist*innen, Frauen und jungen Menschen, mit Zuversicht in die Zukunft zu investieren, innovative landwirtschaftliche Praktiken zu adaptieren und Zugang zu Krediten zu erhalten. Unsichere Landrechte hingegen verringern die Produktivität, erhöhen die Anfälligkeit gegenüber Klimaschocks und führen zu mehr sozialen Spannungen.
Überall in Afrika sind Landrechtssysteme äußerst komplex. Häufig verbinden sie formales Recht mit Gewohnheitsrecht, greifen dabei jedoch nur unzureichend ineinander. Partikulare Verwaltungsstrukturen, ungleiche Landverteilung und begrenzte institutionelle Kapazitäten können die agrarische Transformation hemmen. Die Sicherung von Landrechten ist daher nicht nur eine rechtliche oder technische Aufgabe – sie steht im Zentrum der Gestaltung inklusiver, produktiver und widerstandsfähiger Ernährungssysteme.
Integration von Landgovernance in Ernährungssysteme
Leitlinien der Afrikanischen Union zur Stärkung von Landrechten in landwirtschaftlichen Investitionen: Um die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern, haben afrikanische Regierungen verstärkt auf ausländische Investitionen in der Landwirtschaft sowie auf die Förderung nationaler Agrarentwicklung durch National Agriculture Investment Plans (NAIPs) gesetzt. Damit dieses Wachstum jedoch inklusiv ist und niemand zurückgelassen wird, müssen Regierungen zugleich sicherstellen, dass ihre Bürger*innen einen gesicherten Zugang zu Land und Eigentum haben. Die Kommission der Afrikanischen Union hat gemeinsam mit wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen von verschiedenen Universitäten des Network of Excellence on Land Governance in Africa (NELGA) gute Praxisbeispiele für die Integration von Landrechten in NAIPs erarbeitet. Dadurch wird das Thema Landrechte im Comprehensive Africa Agriculture Development Programme (CAADP) stärker verankert.
Die Transformation der afrikanischen Landwirtschaft hängt von einer festen Verankerung guter Landgovernance in übergeordneten politischen Strategien ab. Nationale Agrarinvestitionspläne (NAIPs), Strategien zur Klimaanpassung und Programme zur ländlichen Entwicklung erfordern gesicherte und gerechte Landrechte. Klare Governance-Strukturen fördern Investitionen in nachhaltige Landnutzung, langfristige Infrastrukturplanung und einen inklusiven Zugang zu landwirtschaftlichen Chancen.
Gerechtigkeit ist dabei zentral: Frauen, junge Menschen und marginalisierte Gruppen stoßen oft auf Hindernisse beim Zugang zu Land. Inklusive Politiken, die diesen Gruppen sichere Landrechte garantieren, stärken die Widerstandsfähigkeit und erschließen das landwirtschaftliche Potenzial auf dem gesamten Kontinent.
Systemisches Denken: Landgovernance funktionsfähig gestalten
Wirksame Landgovernance ist eine systemische Herausforderung. Rechtliche Rahmen, Verwaltungsprozesse, lokale Praktiken und formelle Datensysteme müssen ineinandergreifen und in Verbindung stehen. Einheitliche Landverhältnisse, transparente Eigentumsrechte und durchsetzbare Regelungen verringern Konflikte und schaffen Vertrauen.
Landgovernance funktioniert am besten, wenn sie als miteinander verbundenes Ökosystem verstanden wird, das Politik, Institutionen, lokale Praxis und Daten verknüpft. Durch die Koordination auf nationaler und lokaler Ebene sowie die Integration traditioneller und formaler Systeme kann funktionale Governance landwirtschaftliche Produktivität, Klimaresilienz und soziale Gerechtigkeit fördern.
Ein systemischer Ansatz ist daher unerlässlich. Nur wenn Maßnahmen die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Ebenen berücksichtigen, können Governance-Systeme umfassende Ergebnisse erzielen – von gesteigerter Produktivität über Klimaanpassung bis hin zu sozialer Gerechtigkeit.
Daten und Forschung spielen dabei eine Schlüsselrolle. Die Erfassung von Landnutzung, die Beobachtung von Landkonzentration und rechtliche Klarheit über Landrechte schaffen eine fundierte Grundlage für politische Entscheidungen und Investitionen. Netzwerke wie NELGA zeigen, wie koordinierte Plattformen von Forschenden, politischen Entscheidungsträger*innen und zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen systemische Verbesserungen fördern können. Der Abschlussworkshop des SLGA-Programms 2025 verdeutlichte diesen Ansatz und hob Strategien hervor, wie Landgovernance stärker in nationale und regionale Entwicklungsprogramme zu integriert werden kann.
Herausforderungen und Wege nach vorn
Trotz erheblicher Fortschritte steht die Landgovernance in Afrika weiterhin vor großen Herausforderungen:
-
Landkonzentration und Ungleichheit: Großflächige Landkäufe und informelle Besitzsysteme schränken den Zugang für vulnerable Bevölkerungsgruppen ein.
-
Zersplitterte Verwaltung und schwache Politiken: In vielen Ländern fehlen aktuelle Register, wirksame Durchsetzungsmechanismen und integrierte Systeme.
-
Kapazitätslücken: Lokale Behörden und Forschungseinrichtungen benötigen Ressourcen, Schulungen und Unterstützung.
-
Fehlende politische Kohärenz: Ministerien arbeiten oft isoliert, was eine bessere Abstimmung zwischen Landwirtschafts-, Klima-, Umwelt- und Entwicklungsstrategien erfordert.
Zu den strategischen Prioritäten zählen daher:
-
die Verankerung von Landgovernance in nationalen und regionalen Agrar- und Klimastrategien,
-
die Stärkung lokaler und traditioneller Governance-Strukturen,
-
Investitionen in Daten, Forschung und Wissensaustausch,
-
sowie der gerechte Zugang zu Land für Frauen, Jugendliche und marginalisierte Gruppen.
Landgovernance als Motor nachhaltiger Landwirtschaft
Gesicherte Landrechte sind weit mehr als administrative Maßnahmen – sie sind der Motor für Afrikas landwirtschaftliche Transformation. Starke Governance-Systeme, gerechter Zugang und integrierte Politiken ermöglichen es Gemeinschaften, zu investieren, Innovationen voranzutreiben und widerstandsfähige Ernährungssysteme aufzubauen.
Die zehnjährige Arbeit von SLGA und NELGA zeigt, welches Potenzial in wissensbasierten Netzwerken, forschungsgeleiteter Politik und gemeinschaftlicher Governance liegt. Um diese Wirkung zu verstärken, braucht es weiterhin politisches Engagement, integrierte Strategien und inklusive Ansätze, die Gemeinschaften, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit ins Zentrum von Afrikas landwirtschaftlicher Zukunft stellen.
Walelign Kifle ist Kommunikations- und Wissensmanagementspezialist im SLGA-Programm. Er unterstützt afrikanische Universitäten und Partner*innen dabei, Governance-Strukturen im Landsektor durch strategische Kommunikation, den Austausch von Erkenntnissen und die Verbreitung von Forschung zu stärken. Er verantwortet die Öffentlichkeitsarbeit für das NELGA-Netzwerk, koordiniert Wissensprodukte und fördert die Verbindung zwischen Politik und Forschung auf dem gesamten Kontinent. Sein Schwerpunkt liegt darauf, afrikanische Expertise sichtbar zu machen, Zusammenarbeit zu vertiefen und sicherzustellen, dass Innovationen im Bereich Land Governance Fachleute, politische Entscheidungsträger*innen und Gemeinschaften erreichen.