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Regierungen in Afrika koordinieren ihren Kampf gegen Corona über das Zentrum für Krankheitskontrolle (CDC) der Afrikanischen Union. Die Kurve mit der Zahl der Neuinfektionen konnte bisher erfolgreich abgeflacht werden – warum erklärt Dr. Ahmed Ouma, stellvertretender Direktor des CDC im Gespräch mit Tilman Wörtz.
Wo steht Afrika derzeit in der Corona-Pandemie?
Ich würde sagen, wir sind noch am Vormittag, während Europa und die USA bereits späten Nachmittag haben und China Abend. Die Zahlen verdoppeln sich derzeit alle fünf bis sechs Tage. Die Entwicklung treibt uns an, noch härter am Abflachen der Kurve zu arbeiten. Als wir gesehen hatten, was in China geschehen war, haben wir unsere Kapazitäten aufgestockt, Grenzen geschlossen und Abstandsregeln eingeführt. Diese frühen Maßnahmen haben die Ausbreitung des Corona-Virus in Afrika verlangsamt. Es gibt natürlich noch viel zu tun. Aber die Zahlen bestätigen die Wirksamkeit unserer Arbeit.
Wie funktioniert die Koordination zwischen ihrem Zentrum und den Regierungen einzelner Länder?
Der erste Fall in Afrika wurde am 14. Februar festgestellt. Eine Woche später hat die CDC das erste Treffen der Gesundheitsminister aller 55 afrikanischen Staaten einberufen. Sie haben eine Gesundheits-Strategie für unseren Kontinent verabschiedet. Wir tauschen innerhalb der Afrikanischen Union zwei Mal täglich mit allen Ländern die aktuellen Zahlen aus, um neun Uhr früh und um 18 Uhr abends. Wir haben zum Beispiel die Beschaffung von Schutzkleidung koordiniert und die Ausstattung von Laboren auf dem Kontinent. Die CDC koordiniert diese Vorbereitung und Reaktionen auf die Pandemie - und gleichzeitig beschließen einzelne Regierungen Maßnahmen für ihr Land.
Spiegeln die Statistiken das tatsächliche Infektionsgeschehen wieder?
Wir vertrauen darauf, dass uns die Regierungen ein korrektes Bild der Lage übermitteln. Das erhalten sie aufgrund der Tests in ihrem Land. Jedes Land übermittelt uns täglich die Zahl der positiv getesteten Personen. Vielleicht sind die Statistiken nicht zu 100 Prozent präzise - schließlich gibt es auch infizierte Menschen, die keine Symptome entwickeln. Aber für die Menschen, die getestet werden können, haben wir ein sehr gutes Bild der Lage und der Trends.
Über welche Testkapazitäten verfügen die einzelnen Ländern?
Lassen Sie mich kurz zurück in den Januar blicken, als die ersten Berichte vom Überspringen des Virus auf Menschen in China auftauchten. Wir hatten damals kein einziges Labor in Afrika, das Menschen auf COVID-19 testen konnte. Zwei Wochen später, Anfang Februar, gab es zwei: im Senegal und in Südafrika. Zu dieser Zeit haben wir über die CDC koordiniert die Laborkapazitäten in ganz Afrika aufgebaut. Heute kann in 52 von 55 afrikanischen Ländern in mindestens einem Labor im Land getestet werden. Wir haben bis heute über 1,2 Millionen Tests in ganz Afrika durchgeführt und wollen bis Ende Juni auf über zwei Millionen Tests kommen. Bis in den Herbst hinein noch mal auf zehn Millionen mehr. Unsere Strategie besteht also darin, Testkapazitäten aufzubauen, die infizierten Menschen zu isolieren und entsprechend der Schwere ihrer Erkrankung zu behandeln. Hat jemand milde Symptome oder starke?
Woher bekommen Sie die Tests?
Das war unsere größte Herausforderung. Die Testkits werden außerhalb Afrikas produziert und der Flugverkehr musste bis auf Frachtflüge eingestellt werden. Frachtflüge sind aber sehr unregelmäßig: Wenn an einen Ort keine Güter verkauft werden, gibt es auch keine Flüge dorthin. Die CDC setzt auf Mengenrabatte durch die Bündelung der nationalen Bestellungen beim Einkauf außerhalb Afrikas. Wir packen all das Material in ein Flugzeug und bringen es nach Addis Abeba, von wo aus es dann weiter verteilt wird. Es gab ein paar Verzögerungen, aber wir konnten Reagenzien für Labore in alle 55 Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union ausliefern. Dort können also entsprechend Tests durchgeführt werden. Die Fähigkeit dazu konnten wir massiv steigern.
Hat der Kampf gegen Ebola, Tuberkulose und andere Infektionskrankheiten Afrika bereits auf Corona vorbereitet?
Der bekannteste Ausbruch war der Ebola-Ausbruch in Westafrika. Es gab ein paar Dinge, die wir dadurch gelernt haben und bei COVID-19 anwenden konnten. Das erste: Reagiere schnell! Schiebe die Gegenmaßnahmen nicht auf! Die zweite Lektion: Solidarität zwischen benachbarten Ländern. Das Virus breitet sich auch über Grenzen hinweg aus. Es braucht kein Visum. Wenn Du versuchst, allein zu handeln, wird das Problem deines Nachbarn bald dein eigenes sein. Die dritte Lektion besteht darin, wie wichtig globale Partnerschaft mit anderen Regierungen ist, mit supranationalen Organisationen, privaten Stiftungen und Organisationen. Wir sind viele Partnerschaften eingegangen und alle sind wichtig, um die Strategie der Afrikanischen Union zur Eindämmung von COVID-19 umzusetzen.
War es nützlich, dass die Menschen durch Ausbrüche wie Ebola bereits ein Grundverständnis davon hatten, was eine Infektionskrankheit ist?
Absolut. In Afrika sind die Menschen jeden Tag mit vielen verschiedenen Infektionskrankheiten konfrontiert: Lassa-Fieber, Pocken, Ebola, Masern. Sie haben ihr Verhalten in Gesundheitsbelangen deutlich verbessert. Deshalb sinken Infektionsraten auch von ungefährlicheren Krankheiten.
Besteht die Gefahr, dass durch Corona die Aufmerksamkeit für andere Krankheiten wie Tuberkulose und Malaria sinkt und die Todesraten an der Stelle wieder ansteigen?
Das ist in der Tat eine große Sorge in einigen Ländern. Als CDC raten wir Regierungen und internationalen Organisationen dringend: Behandelt nicht nur Corona! Haltet ein paar Krankenhäuser zur Behandlung dieser Krankheit vor - und lasst die anderen Krankenhäuser ihre tägliche Arbeit tun. Wir raten Regierungen dazu, dass Investitionen zur Vorbeugung und Behandlung von Corona nicht dazu führen, dass andere Investitionen in den Gesundheitssektor gekürzt werden.
Gefährdet der Lockdown in China, Europa und den USA so das Wirtschaftswachstum, dass die Mittel zur Gesundheitsfürsorge fehlen?
Der Lockdown überall hat schwerwiegende Folgen - nicht nur der in Europa, China und den USA. Jedes Ansteigen der Fallzahlen hat sehr ernste Auswirkungen auf die Entwicklung der gesamten Volkswirtschaft und die einzelner Unternehmen. Wir haben deshalb einen Ratgeber entwickelt, wie der Lockdown in Ländern auch wieder schrittweise und sinnvoll aufgehoben werden kann. Die Menschen müssen wieder ihren üblichen Tätigkeiten nachgehen können - bei möglichst geringen Risiken.
Bill Gates hat vor 10 Millionen Toten durch Corona in Afrika gewarnt. Die WHO hat 150.000 Tote in Afrika vorhergesagt. Wie hilfreich sind solche Vorhersagen?
Mit Vorhersagen müssen wir sehr vorsichtig umgehen. Statistiken können Menschen Angst machen. Panik ist das letzte, was man in einer Pandemie braucht. Denn die Menschen verhalten sich dann nicht so, wie es für die Eindämmung des Virus hilfreich ist. Auf der anderen Seite sind Vorhersagen aber wichtig für unsere Planung. Wir konnten dadurch sehr frühzeitig reagieren. Bei der CDC erstellen wir Modelle nur intern. Wir veröffentlichen sie nicht, denn die Parameter, mit denen die Modelle erstellt werden, ändern sich ja laufend, abhängig davon, ob die Maßnahmen der Regierungen greifen oder nicht. Wir kommunizieren Vorhersagen also nur vorsichtig - bereiten uns aber gleichzeitig gut vor.