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Claudia Jordan
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die damit verbundenen Auswirkungen auf Nahrungsmittel-, Energie- und Düngemittelpreise beschäftigt Landwirt*innen in aller Welt. Junge Landwirt*innen, Bauernorganisationen und Politiker aus Kenia, dem Tschad und der Ukraine erzählen, wie es ihnen ergangen ist und was sie trotzdem in der Landwirtschaft hält.
Daniel Mwendah M'Mailutha berichtet, dass es eine solche Krise in Kenia seit Jahrzenten nicht gegeben habe. Der geschäftsführende Direktor der Bauernorganisation „Kenya National Farmers Federation“ (KENAFF) ist selbst Milchbauer. Einige seiner Kolleg*innen mussten ihre Höfe schließen – zu hoch waren die Kosten für die Produktion geworden. Viehhalter verloren alle ihre Tiere aufgrund von Dürren und der hinzukommenden Hungersnot vorwiegend im Nordosten des Landes. Hühner- und Schweinebauern haben ihre Höfe geschlossen, da sie die um 200 bis 300 Prozent erhöhten Kosten nicht mehr tragen konnten. „Das Leid war riesig und es geht weiter“, erzählt er. Gemeinsam mit der Regierung sucht KENAFF auf lokaler und nationaler Ebene nach Wegen, die Preise insbesondere für landwirtschaftliche Güter zu stabilisieren. Zudem gibt die Organisation den Bäuerinnen und Bauern Trainings in Geschäftsentwicklung, unterstützt sie beim Aushandeln von Preisen und finanzieller Unterstützung für landwirtschaftliche Güter wie Düngemittel.
Die Preise für Nahrungsmittel und landwirtschaftliche Güter waren bereits vor dem Krieg Russlands gegen die Ukraine gestiegen. Doch der Krieg trieb die Preise zusätzlich nach oben und verstärkte die Ernährungskrise somit weiter.
Einer, der den Krieg hautnah miterlebt, ist der junge Landwirt und Agrarwissenschaftler Oleh Zahorodnii. Der 24-jährige Bauer hat seinen Hof im Norden der Ukraine, dort, wo aktuell keine Kampfhandlungen stattfinden. Aber er steht in Kontakt mit jenen Bauern, die in der Kriegszone leben. „Täglich gibt es dort Raketeneinschläge und Bombardements. Ein weiteres Problem sind Minen, die in den Feldern liegen. Es braucht viel Geld, Zeit und Personal, diese wieder zu entfernen“, sagt der Landwirt. Er selbst baut auf seinem Hof Sonnenblumen, Weizen und Sojabohnen an. Aber auch medizinische Pflanzen wie Purpur-Sonnenhut und Echter Eibisch gehören dazu.
Als Agrarwissenschaftler arbeitet er zusätzlich bei einem Saatguthersteller im Zentrum des Landes. Sie arbeiten dort mit Kleinbauern und Landwirt*innen mit bis zu 500.000 Hektar Land zusammen.
Die Logistik und der Transport der Ernten sind kompliziert und teuer geworden, ebenso wie Düngemittel und andere Materialen. „Es wäre einfacher zu sagen, was die Bäuerinnen und Bauern nicht brauchen“, sagt Mykola Solskyj, Minister für Agrarpolitik und Ernährung der Ukraine. Deutschland mache derzeit bereits sehr viel auf allen Ebenen für die Bevölkerung der Ukraine, unterstütze etwa mit der Spende von Stromgeneratoren. Wichtig für die Bäuerinnen und Bauern seien niedrigere Preise für den Transport von Getreide und ausreichend Kredite. „Vor allem aber muss dieser Krieg enden“, so der Minister.
„Die Bäuerinnen und Bauern wollen arbeiten und sie tun es, wo sie können“, betont Oleh Zahorodnii. „Sie sind unglaublich, auch die jungen Bäuerinnen sind wahnsinnig stark.“ Und er fügt hinzu: „Es ist unser Land, unser Zuhause." Und:
„Solange wir leben, arbeiten wir auf unseren Feldern.“
Neben dem Ukraine-Krieg gibt es weitere Konflikte auch auf dem afrikanischen Kontinent, die die Ernährungssicherheit bedrohen. Darauf weist der Präsident der Panafrikanischen Bauernorganisation (PAFO), Kolyang Palebele, selbst aus dem Tschad, hin. „Konflikte hindern die Bäuerinnen und Bauern daran, auf ihre Felder zu gehen, weil sie etwa Angst vor islamistischen Sekten wie Boko Haram haben.“ Viele Bäuerinnen und Bauern verließen daher ihre Dörfer und gingen fort. Hinzu kämen die Auswirkungen des Klimawandels. „Die afrikanische Agrarpolitik muss alle Herausforderungen der heutigen Welt berücksichtigen, konkrete Vorschläge unterbreiten und den Erzeuger*innen bei der Bewältigung all dieser Herausforderungen helfen“, so seine Forderung.
Dabei könnten bäuerliche Organisationen wie PAFO die Regierungen unterstützen. Viele politische Konzepte seien veraltet, meint Palebele, „sie wurden vor zehn Jahren entwickelt und nicht mehr an die heutige Situation angepasst“. Deshalb sei es wichtig, die Agrarpolitik in afrikanischen Ländern, die Landwirtschaft insgesamt, zu modernisieren. Etwa mit dem Ausbau von Transportwegen, besseren Lagerungsbedingungen und der Weiterbildung der Bäuerinnen und Bauern in digitalen Technologien und der Vermarktung ihrer Produkte. Mit den Versorgungsengpässen, die auch mit der Ukraine-Krise entstünden, müssten die Bäuerinnen und Bauern aber auch zu alten Produktionsweisen zurückkehren und Naturprodukte selbst herstellen. Beispielsweise Dünger aus Kuh- und Ziegenmist.
„Zurück zur Agrarökologie. Das ist unser System“, so das Fazit Palebeles.
„Für mich ist die Landwirtschaft etwas, mit dem ich mich verbunden fühle“, sagt Huldah Too Chelangat. Die 30-jährige Kenianerin baut auf ihrem Land unter anderem Mais, Kartoffeln, Zwiebeln und Tomaten an. Sicher, die Zeiten seien hart: „Mit den hohen Preisen durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine haben wir gesehen, dass die Einnahmen die Produktionskosten nicht mehr abdecken.“ Auch der Klimawandel mache besonders den Landwirtinnen zu schaffen. „Wenn es lange nicht regnet, müssen sie noch längere Strecken laufen, um an Wasser für sich und ihr Vieh zu kommen”, sagt die Bäuerin. Dennoch verliert sie nicht die Begeisterung an ihrem Beruf: „Wenn ich meine eigene Nahrung produziere, weiß ich, wie sie hergestellt wurde und dass sie sichergestellt ist.“
„Dass ich dazu beitragen kann, die Nation zu ernähren, treibt mich in der Landwirtschaft an“, so Chelangat.
Um noch mehr junge Menschen von der Landwirtschaft zu begeistern, arbeitet Huldah im Jugendprogramm der kenianischen Bauernorganisation KENAFF (Kenya National Farmers’ Federation) mit. Dort bieten sie jungen Bäuerinnen und Bauern Trainings, Mentor*innen- und Austauschprogramme sowie Praktika an, um sich professionell weiterzuentwickeln. „Sie können sich mit erfolgreichen jungen Bäuerinnen und Bauern austauschen und sehen, dass man auch in der Landwirtschaft Karriere machen kann,“ so Huldah. Daniel Mwendah, geschäftsführender Direktor von KENAFF, erklärt, warum das wichtig ist. „Die meisten Bäuerinnen und Bauern in Kenia sind alt. Statistiken sprechen von einem Durchschnittsalter von 65 Jahren. Das bereitet uns Sorgen.“ Dabei liege ein großes Potenzial in dem Agrarsektor in Kenia. „Er kann Arbeitsplätze schaffen und man kann sich ein Vermögen aufbauen“, so der Kenianer.
Für Huldah Too ist ihr Weg in der Landwirtschaft klar. Aber sie weiß auch, dass sie ihn nicht alleine gehen will. „Als Einzelperson ist es schwierig, die eigenen Interessen zu vertreten. Aber wenn Bäuerinnen und Bauern in einer Organisation zusammenkommen, werden sie gehört.“ Bauernorganisationen wie PAFO und KENAFF setzen sich daher für mehr politische Mitsprache ihrer Mitglieder ein. „Bäuerinnen und Bauern sollten mitreden können, wenn es um die Transformation und Nachhaltigkeit der Ernährungssysteme geht“, betont Daniel Mwendah von KENAFF. „Nur so können diese eine wachsende Bevölkerung ernähren. Nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft.”