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Auch kleinbäuerliche Betriebe profitieren von Hightech – ein aktueller Überblick digitaler Instrumente der Grünen Innovationszentren.
Modernste Entwicklungen sind nicht Agrarkonzernen vorbehalten: Auch Kleinbäuer*innen können mit einigen Handgriffen ihre Höfe technisch voranbringen. Oft reicht ein Handy aus, um Zugang zu ersten spezifischen Informationen und Wissen zu erhalten.
Daraus folgt: Durch die kostengünstige Erfassung und Verwendung großer Datenmengen werden landwirtschaftliche Betriebe so produktiver und effizienter.
Hier knüpft das SEWOH-Globalvorhaben „Grüne Innovationszentren in der Agrar- und Ernährungswirtschaft“ mit derzeit mehr als 50 verschiedenen Instrumenten der digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in 15 Länderpaketen an. IKT werden entlang der gesamten Wertschöpfungskette (WSK) eingesetzt. Sie treiben die wirtschaftliche Entwicklung voran und binden Produzent*innen und kleinste, kleine und mittelständische Unternehmen besser an funktionierende Märkte an.
Daraus bildet sich ein Dominoeffekt: Erfolgreiche IKT-Innovationen sollen in den Partnerländern weiterentwickelt und verbreitet werden, damit andere GIAE-Länderpakete und weitere Projekte der Entwicklungszusammenarbeit davon profitieren. Eine länderübergreifende Arbeitsgruppe IKT hat sich im September 2018 gegründet, um den Erfahrungsaustausch und das gemeinsame Lernen zwischen den Länderpaketen zu digitalen Themen zu fördern. Wie funktioniert das? Hier eine Auswahl von vier Projekten:
Ein geringer Mechanisierungsgrad begrenzt die Produktivität von Kleinbäuer*innen. Aufgrund der geringen Betriebsgröße lohnt es sich für sie meistens nicht, in eigene Ausrüstung zu investieren. Das Grüne Innovationszentrum Ghana setzt hier in Kooperation mit dem ghanaischen Start-Up TROTRO Tractor an und vermittelt Mechanisierungsdienstleistungen an Bäuer*innen. Den Service können Kunden über eine digitale App bestellen. „Früher konnte ich nur zwei meiner fünf Hektar bewirtschaften, ich hatte nur meine Machete und eine Handhacke“, sagt Grace Antwi, eine Bäuerin in Amanten-Bono. „Aber seit es TROTRO Tractor gibt, kann ich die ganzen fünf Hektar bepflanzen, was mir hilft, meine Familie zu ernähren.“
Oft sehen sich Lohnunternehmer*innen mit Problemen konfrontiert, die typisch für den informellen, durch kleinbäuerliche Strukturen geprägten Sektor sind, wie zum Beispiel die Kontaktherstellung zu Kleinbäuer*innen und die Abwicklung der Bezahlung.
TROTRO Tractors digitale Plattform bietet eine Lösung, indem Bäuer*innen mit einer simplen SMS, in der sie mitunter die Art des Service, ihren Standort, Lage und Größe des Feldes angeben, einen Traktor bestellen. TROTRO Tractor bündelt schließlich die Aufträge und vermittelt diese an den nächsten Dienstleister. Um die erbrachten Leistungen besser nachvollziehen zu können, wird eigens ein GPS-System zur Verfügung gestellt – und sogar die Bezahlung findet per Handy über in Ghana etablierte mobile Bezahlsysteme statt.
Landwirt*innen stoßen oft auf Hindernisse, wenn sie Zugang zu Unterstützung, Dienstleistungen und Produktionsmitteln suchen. Auch eine adäquate Finanzierung bleibt häufig verwehrt, weil viele Kreditgeber*innen ihre Bonität nicht einschätzen können. In Kooperation mit dem Telefonanbieter Safaricom bietet das Grüne Innovationszentrum Kenia kenianischen Milchbäuer*innen nun einen Ausweg:
DigiFarm für Milchkooperativen setzt Mobilfunktechnologien in der Landwirtschaft ein, um Abläufe in der Lieferkette zu erleichtern. Die „DigiFarm – Dairy Management Solution“ und das dazugehörige Datenanalyseprogram von Safaricom ist ein Echtzeit-Online-Dienst, der die individuellen Daten der Lieferungen, Einkäufe und in Anspruch genommenen Beratungsleistungen der registrierten Mitglieder sammelt und dann als leicht verständliche Kurznachricht verschickt.
„Seit Juni 2019 pilotieren wir in der Naitiri Dairy Cooperative die DigiFarm – Dairy Management Solution App“, sagt Paul-Wesley Mulupi Maina aus Naitri, Kakamega. „Wir arbeiten mit einer großen Anzahl von Kleinbäuer*innen aus der Region Nord-Kakamega zusammen, und die App hilft uns dabei, mit unseren Mitgliedern in Kontakt zu bleiben und ihnen den bestmöglichen Service anzubieten.“ Die Bäuer*innen würden ihnen vertrauen, „wir können sie schnell über neue Preise für Milch, Produktionsmittel und Serviceangebote informieren.“
Um die Dienstleistungen nutzen zu können, melden sich die Landwirt*innen bei DigiFarm zunächst mit ihrem Mobiltelefon an. Anfangs erfassen die Mitarbeiter*innen der Kooperativen die gelieferten Milchmengen sowie die verkauften Produktionsmittel und speichern die Daten in der App. Alle gesammelten Daten werden daraufhin wöchentlich an Safaricom übermittelt, wo sie in das Buchhaltungssystem integriert werden. Jede Bäuer*in erhält anschließend eine Kurznachricht mit einer detaillierten Abrechnung der Milchlieferungen, gekauften Produktionsmittel und in Anspruch genommenen Services. Zusätzlich kann jeder entscheiden, ob er seine Einkünfte direkt über Mpesa (digitaler Geldtransfer) ausgezahlt bekommen möchte, oder ob der Betrag gespart werden soll. Darüber hinaus besteht auch die Option, anderen Mitgliedern der Kooperative gesparte Beträge als Mikrokredit zur Verfügung zu stellen.
Für Viehzüchter*innen ist das Lebendgewicht ihrer Tiere von zentraler Bedeutung. Entsprechende Messungen helfen dabei, ihren Bestand effektiv zu verwalten. Zudem ist das Gewicht entscheidend für die Bemessung von Futterrationen, Marktwert, Verabreichung von Tierarzneimitteln und Paarungszeiten. Bislang waren die Möglichkeiten kenianischer Viehzüchter*innen zur Bestimmung des Lebendgewichts ihrer Rinder auf zeitaufwendige und für die Tiere stressige Methoden beschränkt. Heute bietet die eWeigh-App, die vom Grünen Innovationszentrum Kenia in Kooperation mit Forschern des Mazingira-Zentrums am International Livestock Research Institute (ILRI) entwickelt wurde, Bäuer*innen eine schnelle und einfache Alternative. Die kostenlose Smartphone-App fragt nach der Tierkennzeichnung und des Herzumfangs. Mit diesen Informationen berechnet die App das Lebendgewicht.
Bislang wurden bereits 227 Bäuer*innen (35 % Frauen) in den Bezirken Kakamega, Siaya und Migori in der Nutzung der App geschult. Sie lernten auch, wie sie angemessene Futterrationen für ihre Rinder auf der Grundlage der Produktionsziele erhalten, wie man Medikamente gegen verschiedene Rinderkrankheiten dosiert und wie man den Zeitpunkt der ersten Paarung auf der Grundlage des Gewichts eines Tieres bestimmt. Künftig weitet das Projekt die Schulungen zur Nutzung der App noch aus, damit diese in die Hände möglichst vieler Bäuerinnen und Bauern gelangt.
Die zunehmende Wasserknappheit zum Beispiel in Tunesien ist allgegenwärtig. Besonders betroffen sind Sommerkulturen wie Kartoffeln, Chili und Tomaten. 2019 startete das Grüne Innovationszentrum Tunesien daher mit einem ersten Pilotprojekt zur intelligenten Bewässerung. Boden-, Klima- und Kulturdaten werden vor Ort erfasst und in der Smart Irrigation App gespeichert. Diese berechnet dann Bedarf und Zeitpunkt der Bewässerung. Der Landwirt kann mit Hilfe einer App auf die Daten zugreifen und sich die Empfehlungen anzeigen lassen. Durch diesen Ansatz verwenden die Bäuer*innen deutlich bewusster und sparender die knappe Ressource und unterstützen zudem die optimale Pflanzenentwicklung. Das „Seabex System“, das in Zusammenarbeit mit dem tunesischen Start-Up I.T. Grapes und dem Agrarforschungsinstitut INAT entwickelt wurde, ermöglicht eine weitere Optimierung der Bewässerung: Durch diese Innovation wird die Bewässerung vollständig automatisiert. „Am Anfang war ich nicht wirklich von der neuen Technik überzeugt“, sagt Houssem, ein Landwirt aus Sra Ouertane.“Ich bin seit Jahren Landwirt, was sollen mir da ein paar Stäbe im Boden und eine App helfen können? Doch die Ergebnisse überraschten mich sehr!“
Nach der ersten Saison erwies sich über alle Nutzer hinweg:
Diese vier Fallbeispiele dokumentieren, dass einzelne regionale Erfolge mit IKT auch woanders Anwendung finden können. Die IKT Arbeitsgruppe der Grünen Innovationszentren vernetzt daher Akteure aus den verschiedenen Regionen länderübergreifend miteinander. Mitunter via formeller Treffen: Zum Beispiel kamen beim dritten Süd-Süd Austausch in Indien vom 27. bis zum 31. Januar 2020 Experten aus der Privatwirtschaft, Implementierungspartner und Regierungsvertreter zusammen. Die Teilnehmer*innen diskutierten Themen wie Blockchain, künstliche Intelligenz oder sichere Datennutzung sowie deren Anwendbarkeit im Agrarsektor. Und es geht um den Austausch von Erkenntnissen. Afrikanische und indische Start-Ups stellten ihre Lösungen vor, während auch auf dem Feld angewandte IKT-Lösungen in den Wertschöpfungsketten demonstriert wurden.